Wirtschaftskriminalität

Die Jäger der Wirtschaftsbosse

05.02.2013
Von Jürgen Berke, Harald Schumacher, Martin Seiwert und Melanie Bergermann

Droht ein Justiz-GAU?

Hans-Jürgen Karge, der bis 2006 als Generalstaatsanwalt von Berlin 350 Staatsanwälten vorstand, prophezeit angesichts der Masse an Fällen, die die Fahnder nicht adäquat oder gar nicht anpacken, gar den Justiz-GAU: "Wir müssen eingestehen, dass wir Wirtschaftskriminalität nicht wirksam bekämpfen können. Die Justiz hat in den vergangenen Jahrzehnten vieles versucht, ist aber letztlich gescheitert."

Die Folgen treffen viele Beteiligte. Geschädigte Bürger und Unternehmen müssen fürchten, nicht zu ihrem Recht zu kommen. Unschuldige Manager, gegen die ermittelt wird, warten oft jahrelang auf eine Klärung der Vorwürfe - da sind Ruf und KarriereKarriere meist schon ruiniert. Und mancher Übeltäter in Nadelstreifen kommt durch einen Deal mit Staatsanwälten und Richtern glimpflich davon, während die Justiz die Vergehen einfacher Gesetzesbrecher bis zum Ende verfolgt. Das birgt gesellschaftlichen Sprengstoff. Auch die Wirtschaft ist auf eine funktionierende Strafverfolgung angewiesen. Alles zu Karriere auf CIO.de

Tadellos ist der Ruf des deutschen Rechtssystems nicht mehr, es gerät international unter Beschuss. So fordern die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), die OECD und ein G20-Gipfel 2010 in Seoul von Deutschland, endlich Hinweisgeber (Whistleblower) besser zu schützen. Die Vereinten Nationen mahnen zudem eine bessere Korruptionsbekämpfung an.

Kritik aus dem Ausland und immer offensichtlichere Missstände haben jetzt die Politik auf den Plan gerufen. Die Justizminister der Länder fordern von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), mit einem Bündel von Maßnahmen Wirtschaftskriminalität wirksamer zu bekämpfen und Staatsanwälten neue Instrumente an die Hand zu geben.

So sollen Whistleblower rechtlich besser geschützt und so ermutigt werden, Straftaten anzuzeigen. Auch soll es künftig möglich sein, nicht nur Personen, sondern auch Unternehmen wegen Straftaten vor Gericht zu zerren. Einen entsprechenden Vorstoß des Landes Nordrhein-Westfalen gab es vergangene Woche in der Justizministerkonferenz in Berlin.

Bei Ordnungswidrigkeiten ist es jetzt schon möglich, Unternehmen mit Bußgeldern zu belegen. Diese Bußgelder will die Bundesregierung zur Abschreckung von bisher maximal einer auf zehn Millionen Euro erhöhen. Das Gesetz wurde am 18. Oktober vom Bundestag verabschiedet.

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