Gentleman-Papst Bernhard Roetzel

Was die Kleidung über den Mann aussagt

27.06.2017
Von Ferdinand Knauß

"Mit kleinen Details Akzente setzen"

Um mal den normalen berufstätigen Männern, die nicht zum Gentleman geboren sind, ein wenig zu helfen: Wie hält man bei der Arbeit am besten die Balance zwischen zeitlosen Konventionen, aktueller Mode und individuellem Stil?

Bernhard Roetzel: Business-Kleidung ist Status-Kleidung. Das ist eine Uniform, die seit Jahrzehnten, im Grunde seit über einem Jahrhundert feststeht. Individualität hat da sehr wenig Raum. Man kann nur mit ganz kleinen Details Akzente setzen. Mit der Krawatte, der Art der Hemdstreifen oder vielleicht einem farbigen Strumpf. Aber im Grunde kann es nur darum gehen, das Vorgegebene so perfekt wie möglich darzustellen.

Also macht man es mit allzu modischen Anzügen falsch?

Bernhard Roetzel: Ich bin in Gesellschaft immer am altmodischsten und schlichtesten von allen gekleidet. Und meine Leser finden das gerade beeindruckend. Jegliches Bemühen um Schnickschnack ist eigentlich zu viel. Die elegantesten Männer sind immer die, die Jahrzehnte lang das gleiche anziehen.

Lassen Sie uns einige aktuelle Modephänomene durchzugehen: Harald Glööckler mit seinen exzentrischen Glitzeranzügen finden Sie vermutlich nicht so toll.

Bernhard Roetzel: Nein. Kein stilvoller Mann zieht so etwas an. Wenn man wie ein Mode-Opfer herumläuft, fällt man negativ auf. Aber die Sprache der klassischen Kleidung versteht jeder. Wenn man dazu noch normal, bescheiden, humorvoll auftritt, wird man nicht angepöbelt. Ich lief neulich in Berlin durch die U-Bahn, da rief ein Punk mir zu: Cool, Humphrey Bogart. Ich habe noch nie eine negative Reaktion erlebt.

Was sagen Sie zu den neuerdings wieder sichtbaren Blümchenhemden?

Bernhard Roetzel: Es kommt darauf an, welchen Status man darstellen will. Wenn Sie als Anwalt in einer konservativen Kanzlei sitzen, ist ein Blümchenhemd natürlich ein Witz. Als FreiberuflerFreiberufler oder Angestellter in der Medienbranche können Sie das machen. Aber ab einem gewissen Alter sieht so ein Hemd immer albern aus. Man sollte nicht so aussehen wie ein Mann, der es nicht versteht, in Würde zu altern. Alles zu Freiberufler auf CIO.de

Apropos. Wie finden Sie den neuen Look von Bild-Chef Kai Diekmann als bärtiger Kapuzenpulli-Nerd im Silicon Valley?

Bernhard Roetzel: Das könnte Ausdruck eines Lebenswendepunktes sein. Wenn ein erwachsener Mann, der jahrzehntelang einen Look hatte, sich so verwandelt, ist es für den Beobachter irritierend. Wenige Leute werden sagen: Ist ja cool, endlich ist der nicht mehr so stieselig. Aber die ihn vorher gut fanden, können davon nur irritiert sein. So ging es auch den Grünen-Wählern, als Joschka Fischer plötzlich im Anzug auflief. Da ist mir Christian Ströbele doch lieber, der immer gleich geblieben ist.

Wie finden Sie es, wenn ein Telekom-Vorstand Krawatten in der Konzernfarbe Magenta trägt?

Bernhard Roetzel: Peinlich und spießig. Genauso wie blaugelbe Krawatten bei FDP-Politikern lächerlich sind.

Zur Startseite