Wenn Chefs versagen

So werden Mitarbeiter demotiviert

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Unrealistische Ziele, Hickhack innerhalb des Top-Managements – es gibt viele Wege, die Motivation der Mitarbeiter zu ruinieren. McKinsey listet vier davon auf.
Wenn die Unternehmensstrategie fehlt, fehlt den Mitarbeitern oft die Motivation.
Wenn die Unternehmensstrategie fehlt, fehlt den Mitarbeitern oft die Motivation.
Foto: cunaplus - shutterstock.com

"Entfremdete Arbeit ist Arbeit, die einem keinen Spaß macht." So bringt es Eva Hellers Romanheldin Constanze Wechselburger im Buch "Beim nächsten Mann wird alles anders" auf den Punkt. Teresa Amabile und Steven Kramer dürften kaum unter verkapptem Marxismus-Verdacht stehen, sie publizieren für den Unternehmensberater McKinsey. Doch auch sie stellen fest: Unternehmen tun einiges, um Motivation und Inspiration ihrer eigenen Mitarbeiter zu ruinieren.

Amabile ist Professorin an der Harvard Business School, Kramer unabhängiger Forscher und Autor. In ihrem McKinsey-Papier "How leaders kill meaning at work" beschreiben die beiden Experten vier typsiche Fehler in Personal- und Unternehmensführung. Das Papier basiert auf der Auswertung von 868 Tagebüchern, in denen Angestellte verschiedenster Firmen ihre Erfahrungen niedergeschrieben haben. Die vier Fehler sind:

1. Die Krämerseele des Mittelmaßes

Nichts demotiviert die Belegschaft mehr als ständiger Sparzwang. Amabile und Kramer führen das Beispiel eines Konsumgüter-Konzerns namens Karpenter Corporation an (der Name ist fiktiv), der binnen drei Jahre unprofitabel wurde – und den schließlich ein kleinerer Konkurrent übernahm.

Im Tagebuch eines Mitarbeiters heißt es: "Mir ist heute klargeworden, dass sich unser Team für die nächsten Monate nur noch um Kostensenken kümmern muss statt um neue Produkte." Wie der Tagebuchschreiber berichtet, habe man jedes Produkt daraufhin untersuchen müssen, wo noch ein paar Pennies eingespart werden könnten. Fazit: Die Mitarbeiter sahen keinen Sinn mehr in ihrer Arbeit. Karpenter verlor einige seiner besten Leute.

2. Strategen mit Konzentrationsmangel

Zu viele Führungsriegen stampfen kurzfristig allerlei strategische Initiativen aus dem Boden – und lassen sie ebenso schnell wieder versanden. Ihnen fehlt die Fähigkeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und Ergebnisse abzuwarten, so McKinsey. Dieses Problem verstärkt sich noch, wenn die Firmenspitze intern zerstritten ist.

Ein Mitarbeiter schrieb in sein Tagebuch: "Der Vice President tat seine Meinung kund, welche Produkte am besten zu unserer Konzernstrategie passen und daher priorisiert werden sollten. Tatsächlich aber weiß doch weder er noch sonst irgendjemand, welche Konzernstrategie wir überhaupt verfolgen."

3. "Keystone Kops" regieren die Firma

"Keystone Kops" heißen die tragikomischen Anti-Helden einer US-Stummfilmserie. Es handelt sich dabei um ein Grüppchen übereifriger Polizisten, die ständig im Kreis herumrennen, sich versehentlich gegenseitig eins überziehen und wirklich jedes Vorhaben in den Sand setzen.

Übertragen auf Unternehmen sprechen Amabile und Kramer zum Beispiel von Führungskräften, die mit ihren eigenen Reporting-Strukturen überfordert sind, weil diese zu komplex geraten. Eine Folge davon sind ständige Änderungen auf den letzten Drücker.

Eines der Tagebücher wurde von einem Angestellten geführt, der eine SchnittstellenfunktionSchnittstellenfunktion zwischen Marketing einerseits und Forschung/Entwicklung andererseits besetzt. Seine Erfahrung: Sein Team und er bekamen widersprüchliche Anweisungen aus den beiden Abteilugen. Außerdem versäumten die Führungskräfte der Marketing-Abteilungen immer wieder entscheidende Team-Meetings. Alles zu Führung auf CIO.de

4. Komplett unrealistische Ziele

Die neue Zauberformel US-amerikanischer Management-Gurus lautet BHAG (bee-hag). Das steht für "big, hairy, audacious goals", als große, haarige, dreiste Ziele. Ein Beispiel dafür liefert Google mit seiner "Mission, sämtliche Informationen der ganzen Welt zu organisieren und universell zugänglich und nützlich" zu machen.

Die beiden McKinsey-Autoren halten davon nichts. Sie gehen davon aus, dass die Mitarbeiter der Firmen mit solcherlei grandiosen Worthülsen nichts anfangen können.

In den ausgewerteten Tagebüchern fanden sie das Beispiel eines Chemie-Unternehmens, das folgendes Ziel vorgab: Jedes Projekt muss ein "innovativer Blockbuster" werden und binnen fünf Jahren nach Projektstart eine Umsatz von mindestens 100 Millionen Dollar jährlich erwirtschaften. Folge: Den Mitarbeitern fehlte die Wertschätzung ihrer tagtäglichen Arbeit. Folglich sahen sie überhaupt keinen Sinn mehr in ihrem Job.

Fazit

Fazit aus Sicht von Amabile und Kramer: Unternehmensspitzen müssen eine klare Firmenstrategie formulieren können, die auf realistischen Einschätzungen beruht. Nur so können sie der Belegschaft auch klare Vorgaben erteilen. Außerdem dürfen Führungskräfte nie die Sicht der Mitarbeiter vernachlässigen. Es ist ihre Verantwortung, für Austausch zwischen Firmenspitze und Belegschaft zu sorgen.

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