CRM und Predictive Analytics

360-Grad-Blick auf den Kunden bleibt ein Traum

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Das Marketing wünscht sich den gläsernen Kunden und fordert von der IT möglichst genaue Analysen des Konsumentenverhaltens. Die Nutzung verschiedenster Daten steigert die Kundenbindung, bestätigen die Marktforscher der Aberdeen Group. Vor überzogenen Erwartungen aber warnen die Analysten.
Kunden möglichst individuell anzusprechen, bleibt schwierig.
Kunden möglichst individuell anzusprechen, bleibt schwierig.
Foto: Pixel - Fotolia.com

Jeder Kunde ist seine eigene Zielgruppe und bekommt genau auf ihn zugeschnittene Werbung - dieses Versprechen wird die IT nicht einlösen können. Das geben die Marktforscher der Aberdeen Group zu Bedenken. Gleichzeitig wollen die Analysten den Nutzen von CRM (Customer Relationship Management) nicht herunterspielen.

Diese Einschätzung basiert auf einer aktuellen Erhebung unter 171 Entscheidern, die Aberdeen in der Studie "Towards segments of one: predictive analytics for marketing delivers the future of offer manangement today" veröffentlicht hat.

Dabei teilen die Studienautoren die Teilnehmer in zwei Kategorien ein: Leader und Follower. Die Leader stellen das obere Drittel des Samples. Sie verzeichnen im Schnitt eine Antwortrate von neun Prozent auf ihre Marketing-Kampagnen, bei den Followern sind es nur gut drei Prozent. Außerdem steigerten die Leader ihre Kundenbindungsrate im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent, die Follower nur um knapp ein Prozent.

Auf der Suche nach den Gründen für diese Unterschiede hat sich Aberdeen angesehen, was für Daten die Unternehmen verwenden. Informationen aus Bestellvorgängen und internen CRM-Systemen (Customer Relationship Management) verwenden alle Studienteilnehmer.

Die Studie zeigt jedoch, dass 55 Prozent der Leader auch externe Quellen nutzen, um Informationen über ihre Kunden zu erhalten. Unter den Followern sind es nur 37 Prozent. Zudem werten die Leader häufiger Daten aus der Interaktion mit Kunden aus (Leader: 48 Prozent, Follower: 38 Prozent) und nutzen öfter Social-Media-Daten (Leader: 41 Prozent, Follower: 18 Prozent).

Aberdeen wollte wissen, wie die Unternehmen das Thema Kundenbindung und Kunden-Management organisieren. Auch hier zeigen sich deutliche Unterschiede. 76 Prozent der Leader-Firmen beauftragen Mitarbeiter explizit damit, neue Informationen über Kunden herauszufinden. Unter den Followern sind es nur 55 Prozent. Darüber hinaus suchen 42 Prozent der Leader systematisch nach Gründen für den Kundenverlust. Das gilt aber nur für 27 Prozent der Follower.

Die Analysten haben sich die Nutzung von Predictiv Analytics angesehen. In 73 Prozent der Leader-Unternehmen gibt es Mitarbeiter, die für den Aufbau von Vorhersage-Modellen zuständig sind, jedoch nur in 41 Prozent der Follower-Unternehmen.

Auch beim Umgang mit den Daten, die die Predictive Tools liefern, schneiden die Leader deutlich besser ab. Zumindest nehmen 46 Prozent von ihnen in Anspruch, ihre Marketing-Abteilung könne die Werkzeuge nutzen - auch ohne Statistik-Experten. Unter den Followern sagen das nur 27 Prozent.

Drei Empfehlungen von Aberdeen

Aberdeen spricht auf Grundlage dieser Studie drei Empfehlungen aus. Diese lauten:

1. Daten-Management systematisch angehen: Die Mengen an verfügbaren Kundendaten aus den verschiedensten Kanälen in nutzwertige Ergebnisse zu verwandeln, ist keine leichte Aufgabe - aber eine notwendige. Dafür müssen Unternehmen die Datenquellen zunächst integrieren. Aberdeen rät, beim Daten-Management so viel wie möglich zu automatisieren. Außerdem setzt ein gutes Kundendaten-Management immer die Zusammenarbeit von IT und Fachabteilung voraus.

2. Marketing-Teams im Umgang mit Predictive Analytics schulen: Daten-Management ist nicht nur IT-Aufgabe. Das Marketing sollte Predictive Analytics eigenständig nutzen können.

3. Realistisch bleiben: Die Idee vom 360-Grad-Blick auf den Kunden mag einen Anreiz bieten. Pragmatischer ist ein Schritt-für-Schritt-Ansatz.

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