Kontaktloses Bezahlen per Smartphone

"Der Mehrwert ist die Geschwindigkeit"

Beate Wöhe leitete als Director Experts Network das IDG Experten-Netzwerk für alle Online-Portale der IDG Tech Media GmbH. Sie hatte diese Position nach über zehnjähriger Tätigkeit als Redakteurin und leitende Redakteurin des IDG-Titels ChannelPartner im Juli 2014 übernommen. 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Immer mehr Finanz-, Dienstleistungs- und Handelsunternehmen springen auf den Zug mobiler Bezahlmöglichkeiten per Smartphone auf. Doch zu diesem Thema sind noch viele Fragen offen. Michael Kuemmerle von Giesecke & Devrient GmbH gibt Antworten.
"Heute bezahlen Sie im Geschäft mithilfe des sicheren Datenspeichers auf der Kreditkarte und morgen mit der SIM-Karte im Mobiltelefon." Michael Kuemmerle, Mitglied der Geschäftsführung und Leiter des Geschäftsbereichs Mobile Security bei der Firma Giesecke & Devrient GmbH
"Heute bezahlen Sie im Geschäft mithilfe des sicheren Datenspeichers auf der Kreditkarte und morgen mit der SIM-Karte im Mobiltelefon." Michael Kuemmerle, Mitglied der Geschäftsführung und Leiter des Geschäftsbereichs Mobile Security bei der Firma Giesecke & Devrient GmbH
Foto: Giesecke & Devrient GmbH

IT-Hersteller, Mobilfunk-Provider, Kreditkarteninstitute und Banken arbeiten zusammen, um neue Mobile-Payment-Modelle zu entwickeln. Was glauben Sie, welches Verfahren in Zukunft das Rennen machen wird?

Michael Kuemmerle: Von den verschiedenen Verfahren am Markt gehört die Übertragungstechnologie NFC sicherlich zu den am weitesten verbreiteten. Die Technologie profitiert von der zunehmenden Verbreitung von kontaktlosen Kreditkarten wie Visa payWave und Mastercard PayPass. Hier können die gleichen Leseterminals genutzt werden. Mit der weltweiten Zunahme kontaktloser Karten wächst auch die Anzahl der kontaktlosen Kassenterminals, die für das Bezahlen mit dem Smartphone via NFC vorbereitet sind. Aktuell gibt es weitere alternative Zugangsverfahren wie beispielsweise QR-Codes. Ganz gleich, welche Zugangstechnologie zum Einsatz kommt - als G&D sind wir der Spezialist für die Absicherung des mobilen Bezahlverfahrens mit Hilfe unserer Produkte und Lösungen.

Wann wird Mobile Payment per NFC in Deutschland und Europa eine sichtbare Marktdurchdringung erreicht haben?

Michael Kuemmerle: Es gibt dazu kaum einheitliche Prognosen. Die Zahlen der verschiedenen Marktbeobachter schwanken. Entscheidend für uns ist: BankenBanken und Netzbetreiber im In- und Ausland setzen sich intensiv mit der Technologie und möglichen Anwendungsszenarien auseinander. Die Frage ist nicht mehr, wann und ob Mobile Payment mit NFC kommen wird, sondern wie schnell wir eine deutliche Marktdurchdringung schaffen werden. Top-Firmen der Branche Banken

Laut Gartner werden in diesem Jahr fast eine viertel Milliarde Nutzer weltweit Mobile Payment nutzen. Viele NFC-basierte Bezahlprojekte haben daran einen wesentlichen Anteil. Aktuell zählen Länder wie die USA, Korea, Japan, UK und Skandinavien zu den Vorreitern der NFC-Technologie. Auch in anderen Ländern nimmt die Verbreitung von kontaktlosen Bezahlterminals weiter zu. Schon jetzt liefern die führenden Terminalhersteller nur noch Geräte aus, die eine kontaktlose Schnittstelle unterstützen. Gleichzeitig haben mehr und mehr neue Mobiltelefone die NFC-Technologie bereits integriert. Die Weichen in Richtung des mobilen Bezahlens sind gestellt.

Deutschland ist in Sachen Mobile Payment per NFC noch Entwicklungsland. Worin sehen Sie die Gründe dafür?

Michael Kuemmerle: Es gibt auch in Deutschland erste Mobile-Payment-Projekte: O2-Kunden können seit Februar dieses Jahres mit einer von G&D gesicherten, virtuellen Kreditkarte kontaktlos mit ihrem Mobiltelefon bezahlen. In Dortmund bietet die Volksbank gemeinsam mit G&D Kreditkartenzahlungen auf dem Mobiltelefon an. Allerdings gibt es auch Gründe, wieso Deutschland nicht zu den führenden Ländern bei der Einführung der NFC-Technolgie gehört. Ein wichtiger Punkt ist das Kaufverhalten in Deutschland. In Deutschland werden unterschiedlichste Zahlungsmittel wie Bargeld, Überweisung, Scheck, Lastschriftverfahren, EC- und Kreditkarten nebeneinander genutzt. Statistiken zeigen, die Deutschen bezahlen am liebsten bar. Entsprechend steigen die Umsätze für alternative Zahlungsmethoden, wie Kartenzahlungen langsamer als in Ländern wie Großbritannien oder Spanien.

Entscheidend für den Erfolg neuer Bezahlverfahren wie Mobile Payment sind das Vertrauen der Kunden in die Lösung und der sichtbare Mehrwert gegenüber den herkömmlichen Verfahren. Der Mehrwert ist vor allem die Geschwindigkeit des Bezahlens mit dem Mobiltelefon und die Einfachheit, speziell bei kleineren Beträgen. Letztlich wird es aber nur dann nennenswerte Fortschritte in Deutschland geben, wenn die Zahl der kontaktlosen Terminals flächendeckend zunimmt.

Was machen andere Länder anders oder besser?

Michael Kuemmerle: Die Infrastruktur für das elektronische Bezahlen hatte in Deutschland schon sehr früh einen hohen Reifegrad erreicht, als in Deutschland viele Stakeholder das kontaktlose Bezahlen per NFC-Mobiltelefon noch nicht auf ihrem Radar hatten. In Polen beispielsweise war die Infrastruktur für das elektronische Bezahlen per Bankkarte bis vor kurzem nicht stark ausgebaut. Nun hat Polen gegenüber Deutschland den Vorteil dass man dort durch den späteren Einstieg in elektronische Bezahlverfahren eine Technologiegeneration - das kontaktbehaftete Bezahlen am Terminal - direkt übersprungen hat. Gleichzeitig hat mit deren Einführung auch die Beliebtheit elektronischer Zahlungsmittel rapide zugenommen.

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