KITS-Konferenz
Made in Germany für IT-Sicherheit gefordert
Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.
Volker Wagner, Vorstandschef der Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit der Wirtschaft (ASW) sowie Leiter Group Business SecuritySecurity bei der Deutschen Telekom, brachte es im Rahmen der KITS-Konferenz in den Räumen des Deutschen Instituts für Normung (DIN) in Berlin auf den Punkt: "Wir müssen das Momentum ausnutzen, das uns die NSA-Affäre beschert." Noch nie zuvor sei das Thema IT-Sicherheit in der breiten Gesellschaft und auch auf politischer Ebene dermaßen aufmerksam verfolgt worden wie derzeit. Alles zu Security auf CIO.de
Jens Koeppen, Vorsitzender des Bundestagsausschusses Digitale Agenda, warnte jedoch vor Übereifrigkeit: "Wir dürfen natürlich auch nicht in Panik verfallen. Wir sollten jetzt diszipliniert den Status Quo der Sicherheit in den Unternehmen untersuchen, das hoffentlich kommende IT-Sicherheitsgesetz als gute Grundlage betrachten und dann alle gemeinsam das Beste daraus machen."
Andere Prioritäten
Einig waren sich die Konferenzteilnehmer darin, dass viele Unternehmen nach wie vor erst dann handeln, wenn sie einen Sicherheitsvorfall gehabt haben - einige verführen immer noch nach der Devise "kostet der Schaden weniger als die Prophylaxe, nehme ich lieber den Schaden in Kauf". Wie Wilhelm Schäfer, Vorstand des Heinz-Nixdorf-Instituts an der Universität Paderborn und Direktor des Fraunhofer-Instituts für Produktiontechnologie IPT, betonte, wandele sich diese Einstellung zwar nur langsam, aber stetig. "Gerade in der produzierenden IndustrieIndustrie ist Security überhaupt erst seit dem Stuxnet-Vorfall im Jahr 2010 ein Thema - die NSA hat dafür gesorgt, dass es nun endlich auch mit Nachdruck angegangen wird." Top-Firmen der Branche Industrie
- Viktor Mayer-Schönberger, Professor für Internet Governance and Regulation
"Es geht nicht mehr um das Ausspähen der Gegenwart, sondern um einen Einblick in die Zukunft. Das ist der Kern von Prism. Präsident Obama hat schon recht, wenn er sagt, die von Prism gesammelten Daten seien doch für sich genommen recht harmlos. Er verschweigt freilich, dass sich daraus statistische Vorhersagen gewinnen lassen, die viel tiefere, sensiblere Einblicke gewähren. Wenn uns nun der Staat verdächtigt, nicht für das was wir getan haben, sondern für das was wir – durch Big Data vorhersagt – in der Zukunft tun werden, dann drohen wir einen Grundwert zu verlieren, der weit über die informationelle Selbstbestimmung hinausgeht." - Prof. Dr. Gunter Dueck, Autor und ehemaliger CTO bei IBM
"Ich glaube, die NSA-Unsicherheitsproblematik ist so ungeheuer übergroß, dass wir uns dann lieber doch gar keine Gedanken darum machen wollen, so wie auch nicht um unser ewiges Leben. Das Problem ist übermächtig. Wir sind so klein. Wir haben Angst, uns damit zu befassen, weil genau das zu einer irrsinnig großen Angst führen müsste. Wir haben, um es mit meinem Wort zu sagen, Überangst." - Oliver Peters, Analyst, Experton Group AG
"Lange Zeit sah es so aus, als würden sich die CEOs der großen Diensteanbieter im Internet leise knurrend in ihr Schicksal fügen und den Kampf gegen die Maulkörbe der NSA nur vor Geheimgerichten ausfechten. [...] Insbesondere in Branchen, die große Mengen sensibler Daten von Kunden verwalten, wäre ein Bekanntwerden der Nutzung eines amerikanischen Dienstanbieters der Reputation abträglich. [...] Für die deutschen IT-Dienstleister ist dies eine Chance, mit dem Standort Deutschland sowie hohen Sicherheits- und Datenschutzstandards zu werben." - Dr. Wieland Alge, General Manager, Barracuda Networks
"Die Forderung nach einem deutschen Google oder der öffentlich finanzierten einheimischen Cloud hieße den Bock zum Gärtner zu machen. Denn die meisten Organisationen und Personen müssen sich vor der NSA kaum fürchten. Es sind die Behörden und datengierigen Institutionen in unserer allernächsten Umgebung, die mit unseren Daten mehr anfangen könnten. Die Wahrheit ist: es gibt nur eine Organisation, der wir ganz vertrauen können. Nur eine, deren Interesse es ist, Privatsphäre und Integrität unserer eigenen und der uns anvertrauten Daten zu schützen - nämlich die eigene Organisation. Es liegt an uns, geeignete Schritte zu ergreifen, um uns selber zu schützen. Das ist nicht kompliziert, aber es erfordert einen klaren Willen und Sorgfalt." - James Staten, Analyst, Forrester Research
"Wir denken, dass die US-Cloud-Provider durch die NSA-Enthüllungen bis 2016 rund 180 Milliarden Dollar weniger verdienen werden. [...] Es ist naiv und gefährlich, zu glauben, dass die NSA-Aktionen einzigartig sind. Fast jede entwickelte Nation auf dem Planeten betreibt einen ähnlichen Aufklärungsdienst [...] So gibt es beispielsweise in Deutschland die G 10-Kommission, die ohne richterliche Weisung Telekommunikationsdaten überwachen darf." - Benedikt Heintel, IT Security Consultant, Altran
"Der Skandal um die Spähprogramme hat die Akzeptanz der ausgelagerten Datenverarbeitung insbesondere in den USA aber auch in Deutschland gebremst und für mehr Skepsis gesorgt. Bislang gibt es noch keinen Hinweis darauf, dass bundesdeutsche Geheimdienste deutsche IT-Dienstleister ausspäht, jedoch kann ich nicht ausschließen, dass ausländische Geheimdienste deutsche Firmen anzapfen." - Viktor Mayer-Schönberger, Professor für Internet Governance and Regulation
"Die NSA profitiert von ihren Datenanalysen, für die sie nun am Pranger steht, deutlich weniger als andere US-Sicherheitsbehörden, über die zurzeit niemand redet. Das sind vor allem die Bundespolizei FBI und die Drogenfahnder von der DEA. [...] Es gibt in der NSA eine starke Fraktion, die erkennt, dass der Kurs der aggressiven Datenspionage mittelfristig die USA als informationstechnologische Macht schwächt. Insbesondere auch die NSA selbst." - Aladin Antic, CIO, KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplationen e.V.
"Eine der Lehren muss sein, dass es Datensicherheit nicht mal nebenbei gibt. Ein mehrstufiges Konzept und die Einrichtung zuständiger Stellen bzw. einer entsprechenden Organisation sind unabdingbar. [...] Generell werden im Bereich der schützenswerten Daten in Zukunft vermehrt andere Gesichtspunkte als heute eine Rolle spielen. Insbesondere die Zugriffssicherheit und risikoadjustierte Speicherkonzepte werden über den Erfolg von Anbietern von IT- Dienstleistern entscheiden. Dies gilt auch für die eingesetzte Software z.B. für die Verschlüsselung. Hier besteht für nationale Anbieter eine echte Chance." - ein nicht genannter IT-Verantwortliche einer großen deutschen Online-Versicherung
"Bei uns muss keiner mehr seine Cloud-Konzepte aus der Schublade holen, um sie dem Vorstand vorzulegen. Er kann sie direkt im Papierkorb entsorgen."
Wer nun aber meine, die aus der Office-Welt bekannten Sicherheitstechniken wie Firewalls oder ID/IP-Systeme auch im Industrieanlagenumfeld einsetzen zu können, irre sich gewaltig: Marcel Kisch, Industrial Security Lead DACH bei IBMIBM wies darauf hin, dass im Gegensatz zur Office-Welt im Produktionssektor der Leitspruch "Verfügbarkeit vor Sicherheit" ohne Ausnahme gelte und auch gelten müsse. Fabriken könnten sich nicht leisten, wegen eines fehlgeschlagenen Malware-Scans, der dann automatisch die Systeme stoppt, ihren Betrieb zu unterbrechen. Alles zu IBM auf CIO.de