Von Null-Watt-PC bis "SPECpower_ssj2008"

Zwischen Benchmarks und Budgets

Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Die Server-Hersteller haben sich 2007 bereits das Label "SPECpower_ssj2008" einfallen lassen, um Green IT messbar zu machen. Benchmark-Berater Jochen Michels hat im CIO-Netzwerk bestätigt, dass dies immerhin ein erster Schritt in die richtige Richtung war – wenn auch nicht mehr.

Mitte August 2009 vollzog sich ein Durchbruch im Bereich Green IT – der "Null-Watt-PC" von Fujitsu kam in den HandelHandel. "Null Watt" bedeutet in diesem Fall: wenn der Rechner ausgeschaltet ist. Das klingt zwar ähnlich banal wie das Auto, das ausgeschaltet kein Benzin verbraucht, doch für die Branche der Stromfresser war dies bereits ein kleiner Paradigmenwechsel. Den grünen Hype hat die Meldung nicht reanimiert, und auch bei den Gartners dieser Welt hat das Thema die besten Zeiten vorerst hinter sich: In ihrem aktuellen Hype Cycle für Emerging Technologies ist die Energie-Effizienz in die „Phase der Ernüchterung“ abgestürzt. Bei den Top-Prioritäten der CIOs war sie schon zu Beginn des Jahres nach hinten durchgereicht worden. Top-Firmen der Branche Handel

"Anwender müssen für ihr grünes Gewissen tief in die Tasche greifen", sagt IT-Berater Jochen Michels.
"Anwender müssen für ihr grünes Gewissen tief in die Tasche greifen", sagt IT-Berater Jochen Michels.
Foto: Jochen Michels

Der Weg auf Gartners "Plateau der Produktivität“ ist lang und steinig, besonders in Zeiten wie diesen, da CIOs das Hemd näher ist als die Jacke. IT-Lieferanten reiten daher eine Marketing-Attacke nach der anderen mit blauen Engeln, grünen Schubkarren und jungen Bäumen, um sich zumindest im Unterbewusstsein der Kundschaft mittelfristig als Öko-Label zu positionieren. Das Ganze kulminierte, als IBMs Deutschland-Chef Martin Jetter vor der CeBIT 2008 verkündete, dass sich ein moderner Server innerhalb von zwei Jahren durch die Energieersparnis refinanzieren könnte.

IT-Berater Jochen Michels, selbst vor Jahren bei IBMIBM im Sold und Big Blue immer noch "emotional verbunden", wurde durch die Aussage „aufgeschreckt“. Er tat, was er seit 20 Jahren täglich tut: nachrechnen, was IT kostet. Dazu ordnete er sämtliche Kostenblöcke eines Servers in ein selbst entwickeltes Excel-Schema. Die Bilanz des IT-Finanz-Experten zum Einsparpotenzial: „Das rechnet sich nicht.“ Alles zu IBM auf CIO.de

Selbst wenn die Abschreibungen – "der dickste Brocken" – ausgeklammert würden, weil die Server ohnehin gerade ersetzt werden müssten, klafft immer noch eine Finanzierungslücke. Allerdings sei es in diesem Fall möglich, die Mehrkosten für grüne Neugeräte zu refinanzieren. Michels sieht die einzige Chance, ein positives Ergebnis über die Gesamtkosten zu präsentieren, in der VirtualisierungVirtualisierung, wobei ein Großteil der Server einfach wegfällt. Geschieht dies nicht, müssen Anwender „für ihr grünes Gewissen tief in die Tasche greifen“. Alles zu Virtualisierung auf CIO.de

Verwirrendes Angebot

Der Experte für IT-Betriebswirtschaft weiß, dass Server heute im Schnitt zu etwa zehn Prozent belastet sind. Hintergrund ist, dass IT-Organisationen oft noch mit Wildwuchs kämpfen, weil Standard-Server im Rahmen von Projekten als billige Komponente gelten und großzügig dimensioniert werden. Zudem lässt sich das Preis-Leistungs-Verhältnis neuer Rechner kaum mehr abschätzen, weil der Kunde mit einem verwirrenden Angebot an Familien, Typen, Modellen und Ausbau-Varianten konfrontiert wird. In diesem Chaos ist es selbst für Hersteller schwer, den Überblick zu behalten und belastbare Zahlen zu nennen.

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