Neue Chancen für IT-Experten

Scrum krempelt Karrierewege um

21.03.2012
Von Nicolas Zeitler

Der Grundsatz dabei lautete: Aufzusteigen heißt nicht mehr automatisch, Führungsverantwortung zu übernehmen - wie es in den bisherigen Laufbahnen meist der Fall war. Stattdessen gibt es bei Publicis Modem nun auch Expertenlaufbahnen - ein Modell, das auch Gloger und Häusling propagieren.

Expertenlaufbahn als "neue Art der Weiterentwicklung"

Der Gedanke dahinter: Nach dem klassischen Modell steigen stets die besten Fachkräfte auf Führungspositionen auf. "Damit entzieht sich ein Unternehmen aber selbst die Kompetenzen", schreiben die beiden Autoren. Denn eine sehr gute Fachkraft setze als Führungskraft ihr eigentliches Know-how ja gar nicht mehr für das Unternehmen ein. Ein weiterer Grund: Die Zahl der Führungspositionen in jedem Unternehmen ist begrenzt. Wer intern nicht aufsteigt, dem bleibt als Karriereweg nach oben irgendwann nur die Kündigung. Die Expertenlaufbahn biete da eine "neue Art der Weiterentwicklung", sagt Häusling.

Statt Stellenbeschreibungen sind bei Publicis Modem jetzt Rollen das Gerüst des Karrieremodells. Oberste Ebene des Organisationsmodells sind Jobfamilien, etwa die der Entwickler oder Scrum-Master. Definiert sind in jeder Jobfamilie sogenannte Kompetenzradien. Wichtigstes Kriterium für einen Aufstieg in den nächsten Radius ist Kompetenz, wie Gloger und Häusling in ihrem Buch schreiben. In der Jobfamilie der Scrum-Masters zeigt sich die wachsende Kompetenz etwa daran, wie viel Verantwortung einem Scrum-Master zuerkannt wird: zunächst für ein kleines Team, später für ein reiferes, auf der nächsten Ebene für die gesamte Scrum-Master-Community im Unternehmen.

Nach diesem Muster hat Flammann mit Häusling von Scrumjobs bei Publicis Modem eine gänzlich neue Nomenklatur geschaffen. Junior- oder Senior-Entwickler beispielsweise gab es in der Agentur zwar schon vorher. Neu ist, dass die Mitarbeiter jetzt genau sehen, welche Kompetenzen sie sich zusätzlich aneignen müssen, um den Kompetenzradius in ihrer Jobfamilie zu erweitern oder womöglich die Richtung zu korrigieren. Ein Junior-Entwickler etwa kann aus dem Schema ablesen, was er dazulernen muss, um seine Kompetenz zu erweitern und die Rolle eines Senior-Entwicklers einzunehmen. "Für jede Rolle gibt es jetzt eine transparente Übersicht", sagt André Häusling.

Konzeption und Definition der Jobfamilien bei Publicis Modem zogen sich vom ersten Arbeitstreffen bis zum Abschluss über acht Wochen hin. In den anschließenden sechs Wochen fanden Mitarbeitergespräche statt. Deutlich wurde darin nach Flammanns Aussage einerseits, wo die Entwicklungsperspektiven für die Mitarbeiter liegen. Gleichzeitig ließ sich das neue Modell daran überprüfen - und wurde laut Häusling leicht angepasst.

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