Strategien


"Es fehlt an Mut bei Green IT"

Irrationale Ängste

Ariane Rüdiger ist freie Autorin und lebt in München.
Zum dritten Mal wird 2012 der Green IT Best Practice Award ausgeschrieben. Hans-Joachim Popp, CIO vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), leitet die Jury. Er beklagt Feigheit - etwa, wenn es um Wasser im Rechenzentrum geht.
Hans-Joachim Popp, CIO des DLR: "Die größten Effizienzpotenziale schlummern in der Software selbst."
Hans-Joachim Popp, CIO des DLR: "Die größten Effizienzpotenziale schlummern in der Software selbst."
Foto: DLR

CIO: Herr Popp, trotz Green IT Award sind energie- und ressourcensparende IT-Techniken noch längst nicht Mainstream. Woran liegt das?

Hans-Joachim Popp: Das hat viel mit dem Druck auf die IT und damit auch auf die IT-Manager zu tun: Informationstechnik ist heute zum unverzichtbaren Gut geworden und darf mittlerweile vielerorts buchstäblich keine Sekunde ausfallen. Wenn das doch passiert, fällt die Verantwortung dafür auf den CIO. Deshalb setzt er natürlich zunächst auf etablierte Techniken mit bekannter hoher Verfügbarkeit. Die Manager verhalten sich also aus verständlichen Gründen eher konservativ und gehen kein Risiko ein.

Aber sind denn Green-IT-Technologien wirklich so riskant?

Nein, absolut nicht. Aber sie sind weniger etabliert, es gibt weniger positive Beispiele. Dazu kommen geradezu irrationale Ängste oder Vorbehalte bei den Planern. Beispielsweise vor Wasser im RechenzentrumRechenzentrum. Die muss man mühsam überwinden. Es fehlt oft auch an den physikalischen Fachkenntnissen. Alles zu Rechenzentrum auf CIO.de

Welche Green-IT-Technologien sind heute am weitesten verbreitet?

Durchgesetzt hat sich die Kaltgang- beziehungsweise Warmgangeinhausung, das kann man fast als Mainstream bezeichnen. Dann kommen langsam höhere Temperaturen, freie Kühlung und die Trennung der verschiedenen Gerätegruppen: Eine CPU darf heißer werden als Festplattenlaufwerke, ein Bandlaufwerk braucht Feuchteregelung, was wiederum Energie kostet. Das heißt, man fasst gleichartige Komponenten räumlich zusammen und versieht sie mit einem passenden Kühlsystem. Die Kühlung rückt immer näher ans Bauteil - viele moderne Schränke werden direkt mit Wasser gekühlt, während man vor Wasser unmittelbar auf dem Chip immer noch Angst hat.

Aber jetzt wird im Leibniz-Rechenzentrum in München ein neuer Rechner aufgebaut, der komplett auf Basis von Chipkühlung arbeitet. Auch bei der Notversorgung wird man ein wenig risikobereiter: Man legt die Kühlsysteme nicht mehr auf den einen heißen Tag im Jahrzehnt aus, sondern greift für solche Fälle dann eher auf Leitungs- oder Brunnenwasser zurück, das ja dann nur eine kurze Zeit überbrücken muss.

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