Strategien


IT-Manager wetten

Hierhin wandern die Märkte

04.02.2014
Von Bernd Kuntz
Bernd Kuntze, CIO von Haas Food Equipment, wettet, dass in zehn Jahren China an der Spitze der weltweiten Wirtschaft stehen wird, Indien sich im Vergleich zu heute verdoppelt hat und sowohl Russland als auch Brasilien zu Deutschland aufgeschlossen haben werden (Maßzahl ist das BNP, Einkaufskraftparität).
Bernd Kuntze ist CIO von Haas Food Equipment
Bernd Kuntze ist CIO von Haas Food Equipment
Foto: Haas Food Equipment GmbH

Ein Report von McKinsey sagt voraus, dass 2025 mit Konsumgütern die ungeheure Summe von 30 Billionen US-Dollar in aufstrebenden Märkten erzielt wird. Dazu gehören natürlich nicht nur die BRIC-Länder, sondern auch "MIST" (Mexiko, Indonesien, Südkorea, die Türkei) und der Rest von Lateinamerika sowie Afrika. Allein aber der Paradigmenwechsel durch die Verschiebung zwischen den etablierten und den aufstrebenden Ländern ist eine nähere Betrachtung wert.

Nehmen Sie Foshan, Porto Alegre und Sorat - Städte, die viele Manager kaum kennen, obwohl jede von ihnen mehr als vier Millionen Einwohner und eine schnell wachsende Konsumentenschicht hat. Jede von ihnen wird zum globalen Wirtschaftswachstum mehr beitragen als Madrid oder Mailand.

Das CIO-Jahrbuch 2014.
Das CIO-Jahrbuch 2014.
Foto: cio.de

Weitere Wetten finden Sie im CIO-Jahrbuch 2014.

Jahrbuch 2014 - Neue Prognosen zur Zukunft der IT
IDG Business Media GmbH 2013,
301 Seiten, 39,90 Euro
PDF-Download 34,99 Euro
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China hat schon rund 150 Städte mit mehr als einer Million Einwohner.

Die Hauptaussage meiner Zukunftswette ist, dass die stetig steigende Konsumentenschicht vor allem in den aufstrebenden Ländern ihre Ausgaben in den nächsten 15 Jahren fast verdreifachen wird. Wie sind die Entwicklungen in den einzelnen Ländern?

Brasilien

hat einen ungemeinen Aufschwung erlebt und spielt mittlerweile in der Weltliga. Nach einer kurzen und heftigen Krise 2008 hat sich das Land schnell erholt, sodass die Regierung gegen eine Überhitzung des Marktes vorgehen musste. Das Land hat in den vergangenen Jahrzehnten viele notwendige Reformen und Modernisierungen begonnen und ist nun daran, weitere Schritte zu setzen. Vor allem die teilweise noch immer sehr marode Infrastruktur muss dringend verbessert werden. Wer schon einmal in Brasilien längere Zeit auf einer Nationalstraße (= Autobahn) gefahren ist, weiß, was ich meine.

Das Wachstum ist allerdings fast zum Stillstand gekommen, während die Inflation nach wie vor recht hoch ist (sechs Prozent). Der private Konsum lässt sich aufgrund schon sehr hoher Verschuldung kaum mehr ankurbeln. Umfangreiche Infrastrukturprojekte sollen dem Land zu Arbeit und rechtzeitig zur Fußball-WM 2014 und zu den Olympischen Spielen 2016 zu Verbesserungen verhelfen.

Brasilien hat in den letzten Jahrzehnten einen deutlichen Rückgang der Geburtenrate hinnehmen müssen. Immer mehr Frauen werden berufstätig und wollen nicht mehr ausschließlich Kinder aufziehen. Das geflügelte Wort heißt nun "A fábrica está fechada" (= "Die Fabrik ist geschlossen"). Im Prinzip steuert Brasilien auf eine Altersstruktur zu wie Europa.

Bürokratische Hürden wie die ausufernden und immer schneller novellierten Gesetze, die in den 27 Bundesstaaten oft ganz unterschiedlich ausgelegt werden, ein hochkomplexes Reporting-Wesen in den Bereichen Legal, Tax und Finance oder auch eine elektronische Meldepflicht bei jeder Warenbewegung außerhalb des eigenen Firmengrundstückes machen uns Europäern das tägliche Business schwer. Obendrein spielt sich das meiste Geschäft ohnehin im Dreieck Sao Paulo, Rio de Janeiro und Curitiba ab.

Beim Bearbeiten der Regionen muss man immer an das Clustern denken. Viele Firmen machen zum Beispiel in Brasilien den Fehler, von der Region Sao Paulo auf den komplett anderen Nordosten zu schließen, nur um dann zu erkennen, dass sich die Erkenntnisse nicht übertragen lassen. Um die Wachstumsmöglichkeiten zu identifizieren, ist ein genaues Verständnis regionaler Unterschiede nötig.

Eines der größten Probleme des Landes ist auch das nach wie vor schlechte Englisch der meisten Einwohner, sogar der gebildeteren. Ich habe mit vielen Absolventen einer "Universidade" (in etwa vergleichbar mit unserem Bachelor) gesprochen, und es gibt darunter viele, die Englisch zwar lesen, aber kaum sprechen können. Das limitiert die Kommunikation im internationalen Wirtschaftsleben ungemein. Fließendes Englisch, wie wir es gewohnt sind, ist selten zu finden.

IT in Brasilien ist immer noch ein Spießrutenlauf. Das Land erschwert durch eine rigorose Zollpolitik auf Hochtechnologie die Modernisierung. Wenn Sie jemals versucht haben, ein exakt spezifiziertes Server- oder PC-Modell zu erhalten, eine Hardware, die Sie als Konzernvorgabe installieren sollen, lokal zu kaufen, oder Support-Verträge für Spezial-Equipment zu erhalten, dann verstehen Sie mich. Selbst zu importieren ist zu mühsam und zu teuer.

Ein ERP-System deutscher Prägung zu implementieren bedeutet, Lokalisierungen in großem Umfang zuzulassen, sinnvollerweise mindestens zwei Systeme für das vorgeschriebene ReportingReporting zu installieren (und mit Interfaces zu versehen!) und sich sehr gut zu überlegen, ob man den Support selbst machen oder mit einer lokalen Firma aufsetzen will. Alles zu Reporting auf CIO.de

Schlüssel zur Entwicklung in Brasilien

Diese Beschränkungen müssten dringend aufgehoben werden, damit Brasilien einen uneingeschränkten Zugang zu IT-Technologie erhält.

Ein Schlüssel zur Entwicklung ist eine Verbesserung der technischen Infrastruktur. Brasilien ist eine der größten Volkswirtschaften der Welt, aber es ist nur Nummer 75 bei High-Speed-Internet. Das Ausmerzen dieses Mankos birgt tolle Möglichkeiten für mobile Sprache, Breitband und Fernsehen. Dadurch werden auch die wirtschaftlichen Möglichkeiten sowie die Gesundheits- und Sozialsysteme beflügelt werden.

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