Strategien


Continuous Monitoring

Risiken erkennen, Transparenz schaffen

21.10.2013
Von Thomas Erwin und Sven Marlinghaus
Mit einem Continuous-Monitoring-System können Unternehmen ihre Geschäftsprozesse transparenter gestalten und gefährliche Risiken eindämmen.
Mit Continuous Monitoring machen Unternehmen ihre Geschäftsprozesse transparenter.
Mit Continuous Monitoring machen Unternehmen ihre Geschäftsprozesse transparenter.
Foto: 2jenn - Fotolia.com

Die Prognostizierbarkeit von ökonomischen Entwicklungen nimmt in einem extremen Maß ab - aber gleichzeitig steigen Anzahl und Taktung schwer kalkulierbarer, exogener Schocks wie durch Finanzkrisen, Naturkatastrophen oder Terroranschläge. In Kombination mit dem globalen Aktionsradius und der abnehmenden Wertschöpfungstiefe vieler Unternehmen führt diese Entwicklung erstens zu einer sehr hohen Exponiertheit gegenüber verschiedenen Risikotypen und zweitens zu einer Verkettung einzelner Risikofaktoren. Für zusätzliche Komplexität sorgen sich ständig verändernde nationale und internationale Gesetzgebungen. Deshalb ist eine hohe Transparenz unternehmensübergreifender Abläufe nicht allein für das Supply Chain Management erfolgskritisch - sie wird zum wichtigen Erfolgskriterium für Unternehmen.

Angesichts dieser Anforderungen stoßen klassische Methoden schnell an ihre Grenzen. Solche Methoden sind beispielsweise Einzelanalysen durch die interne Revision, die einen Geschäftsbereich alle paar Jahre für eine ausgewählte Menge von Einzelsachverhalten treffen. Dazu gehört aber beispielsweise auch das klassisches "Red-Flag"-Reporting mit vielen Treffern, die manuell bewertet und bearbeitet werden müssen - und häufig eine Vielzahl "falscher" Treffer enthalten. Ein idealer Ansatz, um mittels IT die geforderte Transparenz zu erreichen, ist hingegen das Continuous Monitoring (CM).

Was ist CM?

Aus technischer Perspektive ist CM ein automatisiertes, echtzeitnahes System für das Monitoring von Daten und Systemen. Dahinter liegt im Wesentlichen eine dreischichtige Architektur: eine Extraktionskomponente zum Laden der Daten aus (möglicherweise verschiedenen) Quellsystemen, eine Analysekomponente zur Auswertung der extrahierten Daten in Bezug auf die fachlich gewünschten Themenstellungen sowie eine Komponente zur Weiterverarbeitung der Ergebnisse der Analyse. Bei dieser dritten Komponente reicht das Spektrum der Möglichkeiten von einer einfachen Berichtskomponente bis hin zu einem vollständig ausgeprägten Workflow-System zur Handhabung besonders kritischer Sachverhalte. Die "Make or Buy"-Entscheidung bei dem Aufbau einer solchen Architektur wurde bis vor Kurzem in der Regel durch Zusammenbau einzelner am Markt verfügbarerer Software-Produkte gelöst - beispielsweise durch Kombination eines Standard ETL-Werkzeugs mit einer SQL-Datenbank und einer Dashboarding-Lösung. Mittlerweile finden sich am Markt jedoch durchaus einige Anbieter, die den benötigten Architektur-Stack "aus einer Hand" anbieten.

Inhaltlich setzt CM auf den Performance- und Risiko-Management-Systemen des Unternehmens auf. Mittels CM wird kontinuierlich überprüft, ob sich die Prozesse des Unternehmens innerhalb der im Risiko-Management gesetzten Leitplanken bewegen. Die Vorgabe für diese Leitplanken stammen aus dem im Systemen definierten Risiken - vor allem den operativen -, den zugehörigen Kontrollen sowie in der Regel aus diversen Qualitäts- und Performance-KPIs.

Im Kern handelt es sich bei CM um einen kontinuierlichen Feedback-Mechanismus, der sicherstellt, dass die Prozesse regelkonform funktionieren und Transaktionen sachgerecht vonstatten gehen. Die beiden wesentlichen Ziele sind:

  • die operative Performance verbessern, indem Probleme frühzeitig aufdeckt und standardisiert behoben werden;

  • das Linien-Management entlasten, indem die zugehörigen Management-Tätigkeiten weitgehend automatisiert werden.

Regelkreis eines Continuous Monitoring Systems
Regelkreis eines Continuous Monitoring Systems
Foto: KPMG AG

Mit der Einführung von Continuous Monitoring wird üblicherweise ein geschlossener Regelkreis implementiert, der jede Abweichung von einem vorab definierten Prozess identifiziert und nach einem festen Procedere behandelt. Abweichungen, beispielsweise vorhandene Rechnungen ohne Bestellungen, werden vom angestrebten Prozess nicht nur identifiziert, sondern müssen von der Organisation auch bewertet und bearbeitet werden. Deshalb beginnt hier beispielsweise ein Workflow, der die verursachende Fachabteilung auffordert, eine Einschätzung des Sachverhalts abzugeben: Wo ist der Fehler aufgetreten? Wo gibt es Schwächen im Prozess? So lässt sich kontinuierlichen Verbesserung der Prozesse sicherstellen.

CM in Einkauf und Supply Chain Management

Ihre maximale Wertschöpfung erreichen CM-Systeme in einem Umfeld, das von einer großen Anzahl repetitiver Prozesse mit hoher Risikoanfälligkeit geprägt ist. Beispiele sind die Prozesse im Treasury-Bereich, im Einkaufs- sowie im Vertriebsprozess, die jeweils End-to-End betrachtet werden sollen. Diese werden häufig durch eine Vielzahl von Einzeltransaktionen geprägten Prozesse in der Regel von Applikationen unterstützt, die mit strukturierten Daten operieren und damit den Ansatzpunkt eines CM-Systems bilden.

Einkauf und Supply Chain Management (SCM) sind in besonderem Maße von Prozessen geprägt, die ein CM-Einsatz signifikant verbessern kann. Typische Anwendungsbeispiele aus dem Purchase-to-pay- oder dem Order-to-cash-Zyklus sind etwa die schon erwähnte Identifikation von Rechnungen, denen keine Bestellungen entgegenstehen, oder die optimale Steuerung der verhandelten Zahlungsziele (kreditorisch und debitorisch).

Als der für die externe Wertschöpfung des Unternehmens verantwortliche Bereich ist der Einkauf mit anspruchsvollen Anforderungen bei Risiko- und Performance-Management konfrontiert. Er agiert in einem zunehmend unübersichtlichen und volatilen Marktumfeld. Transparenz über die unternehmensübergreifenden Abläufe sicherzustellen und die knappen Personalressourcen effizient zu allokieren und nutzen zu können, gehört deshalb heute zu den wichtigsten Zielen in Einkauf und SCM.

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