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Ratschläge von IDC

4 Folgen schlechter ITSM-Kennzahlen

Mark Alexander Schulte ist Senior IT Vendor Manager bei der Lufthansa Group und Experte für Strategic IT Sourcing, IT Vendor Management und Innovationsthemen. Vor seiner derzeitigen Tätigkeit war er IT-Marktanalyst und Berater für IoT, Mobility und Future Workplace im Kontext der Digitalisierung.
Die Einführung von ITSM-Kennzahlen führt zu ungewünschten Verhaltensänderungen in der IT-Service-Abteilung. Wie man sie vermeidet, erläutert Mark Schulte von IDC in seiner Kolumne.
Mark Schulte ist Consultant bei IDC in Frankfurt.
Mark Schulte ist Consultant bei IDC in Frankfurt.
Foto: IDC

Nicht wenige IT-Service-Organisationen stehen vor der Herausforderung, Prozesse effizienter zu gestalten und die Servicequalität gegenüber ihren internen Kunden zu verbessern. IT-Service-Management-Kennzahlen (ITSM) werden dabei zur Bewertung der Leistungsfähigkeit der IT-Abteilungen herangezogen. Gut entwickelte ITSM-Indikatoren fangen kritische Erfolgsfaktoren des IT-Betriebs ein und bilden somit den Ausgangspunkt für interne Verbesserungen.

Häufig geht die Einführung von ITSM-Kennzahlen jedoch mit ungewünschten Verhaltensänderungen innerhalb der IT-Service-Abteilung einher. Ein häufig genanntes Beispiel aus der tagtäglichen Praxis: Die Gesprächsdauer oder die Anzahl an Anrufe werden zur Beurteilung eines Service Desk-Mitarbeiters herangezogen.

Kundengespräche abbrechen

Auch wenn beide Indikatoren operativ durchaus wichtig für die Leistungsfähigkeit eines Service Desks sind, können sie unbeabsichtigte und vor allem ungewünschte Auswirkungen nach sich ziehen. Um nämlich die Anrufdauer zu reduzieren oder die Anzahl an Anrufe zu erhöhen, brechen Mitarbeiter Kundengespräche vielfach frühzeitiger ab - was sich negativ auf die Kundenzufriedenheit auswirkt.

Schlecht entwickelte ITSM-Kennzahlen schaden der Leistungsfähigkeit einer IT-Service-Organisation und führen zu einer abschlägigen Wahrnehmung auf Seiten ihrer internen Kunden. Eine echte Herausforderung, denn während zu viele Kennzahlen zu Verwirrung und Konflikten führen, liefern zu wenige Indikatoren nicht den notwendigen Überblick über den aktuellen Zustand der IT.

Um den Wertschöpfungsbeitrag der IT-Abteilung jedoch sichtbar zu machen, sollten IT-Verantwortliche ITSM-Kennzahlen als wichtiges und effizientes Werkzeug ansehen, um Veränderungen voranzutreiben. Dabei basieren fundierte Indikatoren nicht auf einer kurzfristigen Verhaltensänderung der Mitarbeiter, die nur zur Erreichung der vorgegebenen Ziele an den Tag gelegt wird, sondern auf Handlungsweisen, die die Fachabteilungen bestmöglich unterstützen.

Vier unerwünschte Folgen unausgereifter ITSM-Kennzahlen

Im Folgenden werden vier unerwünschte, aber häufig auftretende Folgen von unausgereiften ITSM-Kennzahlen dargestellt sowie Empfehlungen zur Vermeidung beziehungsweise Verbesserung gegeben.

1. Gewünschte Veränderungen treten nicht ein

ITSM-Kennzahlen sind nur dann erfolgreich, wenn sie eng mit einem messbaren Prozess verknüpft sind. Ist kein Prozess definiert, sind auch keine aussagekräftigen Indikatoren realisierbar. Eine große Hürde bei der Einführung von Kennzahlen geht von Mitarbeitern aus, die einem gewissen Prozess, auf den die Kennzahlen abzielen, abgeneigt gegenüberstehen. Die Ablehnung der Kennzahlen ist oftmals nur ein Vorwand für das wirkliche Anliegen.

Sind Kennzahlen jedoch nicht an ein klar manifestiertes Prozessergebnis gekoppelt, werden diese nicht zu einer Verhaltensänderung der IT-Mitarbeiter beitragen und somit keine Service-Verbesserungen hervorbringen.

Genauso wichtig: Ist ein Prozess unklar und verwirrend definiert, wird auch die Kennzahl unklar und verwirren sein - und damit ohne Mehrwert für das Unternehmen. Gibt es darüber hinaus zu viele Prozess-Verantwortliche wirkt sich der Indikator möglicherweise negativ aus, was in der Praxis häufig in gegenseitigen Schuldzuweisungen und Verantwortungsabschiebungen deutlich wird. Das Ziel einer Prozess- und Serviceverbesserung wird dann oftmals zugunsten politischer Spielchen geopfert.

IDC ist davon überzeugt, dass die StandardisierungStandardisierung von Prozessen und der Einsatz von Best-Practice-Kennzahlen zwingend erforderlich sind, um gewünschte Veränderungen in der IT-Service-Abteilungen zu erreichen. Alles zu Standardisierung auf CIO.de

2. Unwichtige Kennzahlen werden erhoben

Kennzahlen hängen stark von der Qualität der erhobenen Informationen ab. Herausforderungen, wie unterschiedliche Datenerhebungen, verschiedene ReportingReporting ToolsTools, Probleme beim Datenzugang und wenig sattelfeste Auswertungen zwingen viele IT-Abteilungen, sich auf Indikatoren zu fokussieren, die in erster Linie realisierbar und in zweiter Linie einen wirklichen Mehrwert bieten. In ITSM-Tools integrierte Kennzahlen werden von Anbietern häufig als Schnellverfahren angepriesen, um Veränderungen in einer IT-Abteilung zu erreichen. Alles zu Reporting auf CIO.de Alles zu Tools auf CIO.de

Auch wenn diese Integration prinzipiell vorteilhaft ist, ist die Gefahr, dass die Indikatoren wenig Relevantes messen, recht hoch. Häufig liegen den integrierten Kennzahlen unklare Annahmen zugrunde oder sie werden den individuellen Prozessen einer IT-Abteilung nicht gerecht.

ITSM-Kennzahlen sind dennoch notwendig, um die Lücke zwischen dem was ist und dem was sein sollte zu schließen. Sie zielen nicht nur darauf ab, den internen IT-Betrieb zu verbessern, sondern auch - und das ist sogar noch wichtiger - die Überschneidung zwischen den Bedürfnissen der internen Kunden und der Leistungsfähigkeit der IT-Abteilung zu erhöhen. Der Wert einer Kennzahl hängt maßgeblich davon ab, ob diese wirklich wichtige und relevante Informationen hervorbringt.

IDC empfiehlt daher, Kennzahlen regelmäßig anhand des folgenden Slogans zu prüfen: "if you can't influence it, don't measure it".

3. Erfolge der IT bleiben unentdeckt

Kennzahlen sind nur dann von Wert, wenn ihre Ergebnisse wirklich genutzt und in greifbarer Weise an die Zielgruppe kommuniziert werden. In der Realität werden ITSM-Indikatoren den internen Kunden, dem Senior Management und sogar den IT-Mitarbeitern häufig ineffektiv und unverständlich mitgeteilt. Auf Basis der erhobenen Zahlen sind nur die wenigsten Empfänger in der Lage zu beurteilen, ob die IT einen guten Job macht oder nicht.

Um ein besseres Verständnis bei Business-Entscheidern über die Leistung der IT zu fördern, empfiehlt IDC die folgenden beiden Fragen zu stellen:

  1. In welchem Umfang werden ITSM-Reports gelesen?

  2. Wie häufig werden sie verwendet, um unternehmerische Entscheidungen über die IT zu treffen?

Die Antworten fallen mitunter ernüchternd aus. Für eine gute Kommunikation der Leistungen seitens der IT ist eine einfache und übersichtliche Darstellung der Kennzahlen, die sich nicht im Detail verliert, von höchster Bedeutung.

4. Kultureller Widerstand ist groß

Wenn Mitarbeiter Kennzahlen für ihre tägliche Arbeit à la Top-Down-Ansatz auferlegt bekommen, ohne dass sie an deren Herleitung beteiligt waren, hat dies in der Regel Ablehnung und Opposition zur Folge. IT-Mitarbeiter, die beim Ausarbeiten und Implementieren der Indikatoren einbezogen werden, arbeiten in der Regel härter für die Erreichung der Vorgaben. Damit Kennzahlen ihren Zweck erfüllen und angenommen werden, müssen sich alle betroffenen Mitarbeiter einbezogen fühlen.

Um den kulturellen Widerstand gegenüber Kennzahlen zu vermeiden, ist es aus IDC-Sicht zuträglich, wenn der Verantwortliche eines Prozesses die volle Rechenschaft für diesen trägt und die internen Kunden die Indikatoren als präzise und repräsentativ ansehen.

Fazit

Für IT-Service-Organisationen wird es immer wichtiger, gut entwickelte ITSM-Kennzahlen zur internen Steuerung und Service-Verbesserung einzusetzen. Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn Indikatoren nicht nur genutzt werden, um auf Fehler hinzuweisen, sondern um positive Veränderungen und die Leistungsfähigkeit der IT-Abteilung hervorzuheben.

Aussagekräftige ITSM-Kennzahlen, die den Wert der IT für das Unternehmen demonstrieren, werden aus IDC-Sicht für ein langfristiges Überleben der IT-Service-Organisation entscheidend sein. Indikatoren, die nicht zu gewünschten Veränderungen führen, Unwichtiges messen, IT-Erfolge verbergen oder abgelehnt werden, können dies nicht erfüllen.

Überprüfen Sie daher bei jeder Einführung oder Änderung Ihrer ITSM-Kennzahlen, ob diese dazu beitragen, Ihre IT-Service-Organisation weiterzuentwickeln, und vermeiden Sie somit unerwünschte Nebenwirkungen.

Mark Schulte ist Consultant bei IDC in Frankfurt.

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