Misstrauen und Kontrollverlust

Die Hürden zum Enterprise 2.0

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Enterprise 2.0-Initiativen müssen mit Mut und vor allem kultureller Agilität beginnen. Erst dann kommen Tools und Governance ins Spiel, rät Detecon.
Das Application Portfolio Management nach Detecon.
Das Application Portfolio Management nach Detecon.
Foto: Detecon Consulting

Vor fünf Jahren erfand Andrew McAfee den Begriff „Enterprise 2.0“. Es lag in der Luft, dass das Web 2.0 auch die Kommunikation in Unternehmen in ihren Grundfesten erschüttern würde. Zunächst dachte man vor allem an User Generated Content, der irgendwie verarbeitet werden muss. Später erweiterte sich der Begriff um die Vorstellung von anwenderorientierten Kollaborationsplattformen und einem Übergang vom bloßen Dokumenten-Sharing zur Vereinfachung der Interaktion aller Mitarbeiter im Unternehmen. Das Versprechen beinhaltete schließlich gänzlich neue Formen von Wissensmanagement innerhalb der Unternehmensgrenzen und darüber hinaus. Aber ist das Versprechen bisher eingelöst? Viele CIOs werden aus eigener Erfahrung Zweifel anmelden. Die Berater von Detecon teilen diese Bedenken und geben deshalb in einer neuen Studie Handlungsempfehlungen fürs „Crowd Computing“.

Die Autoren Russell Barber und Steffen Roos weisen zunächst auf vier Grundprinzipien hin, die beim Start ins Enterprise 2.0 generell zu beachten sind.

  • Erstens sollte der Ansatz eine möglichst breit gefasste Gruppe von Mitarbeitern und Partnern ansprechen.

  • Zweitens sollte er Top-Down aufgesetzt sein und gelebt werden.

  • Drittens sollten ihn Schulungen und interne Marketingmaßnahmen flankieren. Viertens sollte er so ausgestaltet sein, dass er es an Nutzerfreundlichkeit mit externen Kundenerfahrungen aufnehmen kann. Zugespitzt ausgedrückt: Wenn Enterprise 2.0 so funktionieren würde wie Amazon, würde es fast zwangsläufig funktionieren.

Diese Basisanforderungen sind keineswegs zufällig kultureller und nicht technologischer Natur. Detecon propagiert einen Wandel hin zur „Cultural Agility“ und beginnt seine weiteren Tipps deshalb auch auf dieser Ebene. Eine tief verwurzeltes Misstrauen gegenüber nicht gänzlich kontrollierbaren Aktivitäten der Mitarbeiter sowie fehlende Erfahrung mit Communities und „social“ Software auf der Ebene des höheren Managements stehen einem Erfolg von Enterprise 2.0-Initiativen nach Ansicht von Barber und Roos vor allem im Weg. In der Folge spielt sich der Austausch zwischen Mitarbeitern allzu oft heimlich ab.

Ein erster Hebel, um hier Verkrustungen aufzubrechen, sind hier laut Detecon „Suggestion Boards“ und „Ask-the-Management“-Systeme zum idealerweise nicht-anonymen Austausch von Verbesserungsvorschlägen, Kritik und Fragen. Ein Unternehmen, das sich über diese Hürde nicht traut, dürfte überall landen – aber nicht in der Enterprise 2.0-Erfolgsspur.

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