Pro Folie eine Minute
10 Merkmale einer guten Online-Präsentation

Foto: Katja Königstein
Wer gemeinsam mit anderen Zuhörern einem Redner lauscht, der schenkt nur sieben Prozent seiner Aufmerksamkeit dem Sachinhalt. Insgesamt 93 Prozent erfordert die nonverbale Kommunikation. Das behauptet zumindest Katja Königstein, nach eigener Darstellung Webinar-Expertin und Beraterin. Für den Lösungsanbieter Citrix hat sie das Whitepaper "Der kleine große Unterschied" verfasst, in dem sie "die 10 Gebote für gelungene Online-Präsentationen" aufstellt.
Bei Online-Präsentationen sieht das logischerweise anders aus. Hier liegt das Hauptaugenmerk auf den Folien, sagt Königstein. Die drei wichtigsten Aspekte seien daher der sorgsame Umgang mit dem Text, der gezielte Einsatz von Bildern und das sinnhafte Nutzen von Interaktion. Königstein leitet daraus folgende zehn Ratschläge ab:
1. Ein Bild und acht Worte: Wenn Menschen einen geschriebenen Text sehen, lesen sie ihn sich im Stillen vor. Folientexte sollten daher nur etwa sechs bis acht Worte enthalten. Diese kann ein Mensch in etwa zwei Sekunden lesen. Königstein rät, den kurzen Text mit einem Bild zu kombinieren.
2. Eine Folie, eine Botschaft: Die Nutzer einer Online-Präsentation können schneller lesen, als ein Referent spricht. Folge: Wer auf einer Folie fünf Punkte auflistet, spricht noch über den ersten, während die Zuschauer die anderen schon lesen und nicht mehr zuhören. Daher sollte jede Folie nur eine Kernbotschaft enthalten.
- 1. Beziehen Sie Ihr Publikum ein
Das Publikum muss sich mit Ihren Worten identifizieren können. Geben Sie Ihren Zuhörern ein Problem zum Nachdenken: "Suppose your marketing budget was cut by 99 per cent tomorrow. How would you go about promoting your product?" Oder erzählen Sie Ihrem Publikum eine persönliche Geschichte oder eine Anekdote. Nutzen Sie "enrolling questions": "How many of you want a lot more money in their lives? And how many of you want a lot more freedom in their lives? How many of you want both?" Wichtig hier ist: Sie wollen wirklich von Ihrem Publikum Handzeichen sehen. Deshalb: Wenn Sie die erste Frage stellen, heben Sie den rechten Arm weit nach oben. Bei der zweiten Frage heben Sie den linken Arm ganz nach oben. Halten Sie Blickkontakt zu Ihrem Publikum. - 2. Nutzen Sie Weichmacher
Im Englischen werden viele sogenannte Softeners (Weichmacher) benutzt – Redewendungen, die das Gesagte diplomatischer klingen lassen, Worte wie like‚ quite, a little, fairly, all in all, probably, a bit, more or less. "I sometimes think we are just a little too price-concious." Oder: "It's not quite what we wanted, but it's a little better than their last offer". Sprechen Sie diese Sätze für sich mit und ohne den Softener. Wie fühlt es sich an, wenn Sie die Softener mit einbauen? Üben Sie, Weichmacher in Ihren Sätzen zu benutzen. - 3. Seien Sie meinungsfroh
Gerade in der Zweitsprache ist es oft schwierig, den Mut zu finden, die eigene Meinung selbstbewusst zu vertreten. Lernen Sie Redewendungen, die Ihnen helfen, Ihre Meinung in Meetings und Präsentationen höflich und bestimmt einzuleiten. Auch hier gelten wieder die Regeln der Softeners: I can imagine that..., In my experience ... (niemand kann etwas gegen Ihre Erfahrung sagen), I can honestly say that ... - 4. Keine Angst vor Fragen
Machen Sie sich klar, dass Fragen nichts Schlimmes sind. Gerade wenn Sie in der Zweitsprache präsentieren, ist die Angst vor Fragen noch größer als in der Muttersprache. Zunächst einmal gilt: Bedanken Sie sich für jede Frage. "Thank you for posing that question" oder einfach nur "Thank you, great question". Leiten Sie auch Ihre Antwort kurz ein. I think I answered that earlier.. oder Well, as I said ... (Sie haben den Sachverhalt schon vorher erwähnt). I'm afraid I don't have that information with me. Can I get back to you on that? Oder I don't know that off the top of my head. Can I get back to you on that? (Sie haben die Antwort nicht an der Hand.) Irrelevante Fragen können mit "Good question and I am glad you asked that but I think that raises a different issue" beantwortet werden. Oder geben Sie die Frage an den Sprecher und das Publikum zurück: "Interesting (question). What do you think?" Oder: "Interesting (question). Does anybody have an answer for that?" - 5. Nobody is perfect
Verabschieden Sie sich von Ihrem deutschen Perfektionsdenken. Es ist wichtiger, dass Sie als authentisch und menschlich wahrgenommen werden, als dass Sie mit perfekter Grammatik einen langweiligen Vortrag halten. Nordamerikaner wollen unterhalten werden. Wenn Sie merken, Sie werden nicht verstanden, sprechen Sie es an: "I have a feeling I am not being clear? Is that true?" Wenn Sie merken, Sie haben etwas ungünstig ausgedrückt, sagen Sie einfach: "I think I was not clear. Let me rephrase that..." Im Englischen wird dies als 'as-ising' (telling it as it is) bezeichnet. - 6. Achten Sie auf korrekte Anhänge
Fragen werden im Englischen nicht einfach nur mit Yes oder No beantwortet, es gibt immer einen Anhang. "Do you like your hotel?" – "Yes, I do. (Thanks for asking)" Oder :"Yes, very much (Thanks for asking)." "Could you say that again?" – "Yes, of course!" "Do you agree with me?" – "No, I am sorry, I (really) don't." - 7. Publikumskontakt
Lieben Sie Ihr Publikum! Anders als die Deutschen haben Nordamerikaner keine Angst vor dem Erfolg des anderen. Ihr Publikum möchte, dass Sie erfolgreich sind. Halten Sie auch während Ihrer Rede immer Blickkontakt. Sprechen Sie Ihr Publikum direkt an. Ihre Zuhörer wollen gesehen werden. Sie wollen sich von Ihnen angesprochen fühlen und nicht als lästiges Übel wahrgenommen werden.
3. In ganzen Sätzen schreiben: Schlagworte haben keine Aussagekraft, erklärt Webinar-Expertin Königstein. Sie rät, ganze Sätze auf Folien zu schreiben. Dabei sollten Worte mit möglichst kurzen Silben verwendet werden, weil diese besser lesbar sind.
4. Animationen richtig einsetzen: Animationen setzen voraus, dass die Nutzer über eine qualitativ hochwertige Internetverbindung verfügen. Das kann man nicht unbedingt voraussetzen - wer online präsentiert, kann daher nie wissen, ob sich Grafiken und Bilder schon bei allen aufgebaut haben. Alternative: Für jeden Schritt der Animation eine eigene Folie verwenden.
5. "Störbilder" weglassen: Nicht auf jeder Folie müssen Firmenlogo, Vortragstitel und anderer Zierrat auftauchen. Diese lenken den Nutzer nämlich ab. Königstein vergleicht das mit einem nicht richtig eingestellten Radiosender, bei dem Störgeräusche vom Inhalt ablenken. Ihr Tipp: Firmenlogo, Name des Referenten und Vortragstitel sowie -datum gehören nur auf die erste und letzte Folie. "Allein die Foliennummer hat Sinn, damit man bei Rückfragen einfacher Bezug nehmen kann", sagt sie.
Keine "schönen" Bilder
6. Bildern drei Funktionen zuweisen: Wer Bilder nur einsetzen will, um seine Grafik zu verschönern, sollte das lieber bleiben lassen - die Bilder rauben dann nur Aufmerksamkeit. Jedes Bild und jede Grafik muss eine von folgenden drei Funktionen erfüllen: als unerwarteter oder kurioser Magnet, der abdriftende Zuhörer wieder an die Präsentation heranführt, als Erinnerungsanker (hierfür eignen sich Bilder mit klarer Symbolkraft) oder als Wissensaktivierer. Damit sind Bilder gemeint, die vorhandenes Vorwissen illustrieren.
7. Pro Folie eine Minute Redezeit: Nur keine Angst vor "Folienschlachten". Informationen sollten "in kleinen, gut verdaubaren Häppchen serviert werden", sagt Königstein. Sie kalkuliert mit einer Minute Redezeit pro Folie.
- Unleserlich
Diese Folie ist eine klare lose-lose Situation. Man kann beim Betrachten weder den Text gut lesen noch das Auto im Hintergrund erkennen. - Basics
Die meisten kennen die Regeln. Powerpoint-Präsentationen sollten nie mit Text oder Media-Elementen überladen werden. Und doch halten sich erstaunlich viele Menschen nicht daran, wie unsere folgende Bildergalerie zeigt. - Sinnfrei
Während der Präsentation hat man die Gelegenheit für Erläuterungen. Eine gute Powerpoint-Präsentation sollte man allerdings auch ohne Erläuterungen verstehen. Diese Präsentation über soziale Netzwerke hinterlässt viele Fragezeichen. - Verwirrend
Farben sind ideal, um Aufmerksamkeit zu erregen. Mehr als zwei oder drei verschiedene Farben sollten es allerdings nicht auf einer Folie sein. Zu viele Farben hinterlassen schnell einen unübersichtlichen Eindruck, wie diese Folie zeigt. - Text gut, Grafik mangelhaft
Die strukturierte Textdarstellung ist gut. Wer nichts falsch machen möchte, greift wie hier zu einem Template. Die Grafik rechts im Bild trägt allerdings nichts zum weiteren Verständnis bei. - Textbombe
Eine Folie mit so viel Text wie in diesem Beispiel ist immer eine schlechte Idee. Das Schlimmste - die Zusammenfassung wird auf der nächsten Folie fortgesetzt. - Charts ja, aber richtig
Charts und Grafiken sind eigentlich ideal für Powerpoint. Sie machen das Gesagte anschaulich und lockern auf. Aber wie in diesem Beispiel 100 Charts auf eine Folie zu packen, macht die Folie unübersichtlich und unleserlich. - Lieblos
Der Online-Banner oben im Bild ziert jede einzelne Seite der Präsentation. Die Werbung hätte auf der letzten oder der ersten Seite völlig genügt. Und wenn man schon Banner von Webseiten übernimmt, sollte man sich wenigstens die Mühe machen, den Special Offer-Button bei der Bildbearbeitung wegzuschneiden. - Unsichtbar
In dieser Folie wurde der Einsatz der Media-Elemente übertrieben. Wenn man klickt, erscheint Text, andere Bausteine verschwinden dann allerdings. Das erschwert das Lesen gewaltig. - Bulletdebakel
Wer Bulletpoints einfach an den Anfang von ganzen Absätzen setzt, hat ihr Prinzip falsch verstanden. Die Aussagen sollten knackig sein, nicht wie hier lang und damit unübersichtlich. Als Faustregel gilt: Wer auf Schriftgröße zehn bis zwölf verkleinern muss, damit der Text auf die Folie passt, muss kürzen.
8. Das Publikum beteiligen: Menschen sind mehr bei der Sache, wenn sie selbst aktiv etwas tun. Dafür bietet sich etwa eine kurze Umfrage unter den Teilnehmern der Präsentation an, ein Quiz oder Ähnliches. Wenn sich dafür kein Anhaltspunkt findet, bieten sich auch Banalitäten über das Wetter oder den Wohnort des Referenten an. "Das nimmt Ihrem Online-Meeting oder Webinar die Anonymität und führt in der Regel zu einer angenehmen Atmosphäre, in der man entspannt zuhören kann", sagt Königstein.
Die Hierarchie der Folien
9. Hierarchische Layouts verwenden: Wie ein Bericht gefettete Überschriften und kleinere Zwischentitel hat, sollten die Folien eines Online-Webinars hierarchisch gestaltet sein. Unterschiedliche Farben und Schriftgrößen erleichtern den Nutzern die Orientierung.
10. Folien sollen die Botschaft verstärken: Die Folien in einer Online-Präsentation dienen weder als Gedankenstütze für den Referenten noch als Hand-Out für die Teilnehmer. Sie erfüllen nur einen Zweck: Die Botschaft des Referenten zu verstärken.
- Bill Gates in den Wolken
Powerpoint sollte Rednern idealerweise dabei helfen, den Kern des Vortrags darzustellen. Mit Unmengen an Logos, Elementen und Texten wird das Auditorium dagegen überfordert und verwirrt. Experten raten zu möglichst wenigen Informationen pro Folie, etwa ein Bild pro Seite und kurzen, knappen Texten. - Viel Spaß mit Pfeilen, Teil 1
Dieser verunglückte Powerpoint-Vortrag stammt von Jan Baan, Gründer des gleichnamigen Softwarehauses und heute Chairman von Cordys. Verschiedene Pfeile, Symbole und Rahmen sowie zuviel Text machen diesen Vortrag zur "schlimmsten Powerpoint-Präsentation, die je von einem CEO gezeigt wurde", findet Seth Godin, Marketing- und Präsentations-Experte in den USA. - Viel Spaß mit Pfeilen, Teil 2
Diese Folie hat <a href="https://www.flickr.com/photos/jlaugesen/3104104113">Jesper Laugesen</a> entdeckt. Laugesen ist ebenfalls davon überzeugt, die weltweit schlimmste Powerpoint-Folie gefunden zu haben. - Tod durch Powerpoint
Schlimme Verfehlung listet Alexei Kapterev in seinem Diavortrag <a href="https://www.slideshare.net/thecroaker/death-by-powerpoint">Dead by Powerpoint auf Slideshare</a> auf. Dort gibt er auch Gestaltungsratschläge für gute Präsentationen. Unabhängig davon, dass der Text in der hier dargestellten Grafik in Kyrillisch verfasst und von Vielen wohl nicht zu entziffern ist, zeigt die Folie beispielhaft, wie sich eine Seite überladen lässt. - Besuch in Peking
Powerpoint-Folien sollten wenige Wörter enthalten, keine billigen und kitschigen Fotos zeigen und Überblendeffekte möglichst meiden. Auch eine Untermalung mit Ton und Musik ist verpönt, Sound-Effekte sollten allenfalls sparsam eingesetzt werden. - Übung, Übung, Übung
Vor dem Vortrag steht die Übungseinheit. Experten raten zu zehn Übungsstunden je Vortragsstunde. Darüber hinaus sollte das technische Equipment im Vorfeld getestet werden. Microsoft-Fehlermeldungen während der Präsentation sind peinlich und lenken das Auditorium ab. Von Guy Kawasaki, Venture Capitalist und Vortragsreisender, stammt die 10/20/30-Regel: Maximal zehn Slides, höchsten 20 Minuten Vortrag, Schriftgröße mindesten 30 Punkte. - Nasa-Desaster
Diese Powerpoint-Folie aus dem Jahr 2006 zeigt Teile des Space-Shuttle-Programms zur Abnahme der externen Treibstoff-Tanks. Es steht zu hoffen, dass die Zuhörer die Folie verstanden haben. "Präsentations-Sauerei", sagte Design-Guru Edward Tufte beim Anblick der Folie. Sie zeuge nicht gerade von Ingenieurs-Intelligenz. - Yes we Can
Wie Barack Obamans Botschaft an die Nation als Präsentation aussehen könnte, ist auf der Web-Site <a href="http://www.shmula.com/475/barack-obama-yes-we-can-a-powerpoint-deck" target="_blank">Slideshare</a> zu sehen. Dargestellt ist die letzte von insgesamt elf Powerpoint-Folien mit der Zusammenfassung von Obamas Rede. Die Präsentation veranschaulicht die Grenzen von Powerpoint als Kommunikationsmittel.