Aus dem Wipro Center for Business Resilience

8 Problemfelder in der digitalen Transformation

15.10.2014
Von Dr. Peter Kreutter und
Dr. Paul W.J. de Bijl ist Mitglied des neu gegründeten „Wipro Center for Business Resilience“ an der WHU – Otto Beisheim School of Management. Als Thinktank und offene Plattform fokussiert sich das Wipro Center for Business Resilience auf Forschungsfragen zur Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolges und den Einfluss neuer Technologien auf die Industriestrukturen sowie Unternehmensstrategien. Einer der Schwerpunkte der Forschungs- und Transferarbeit ist, wie sich diese Veränderungen in Familienunternehmen vollziehen.

Problemfeld 2

Es wird keine starke Führungskoalition aufgebaut, die für den digitalen Wandel steht und diesen treibt.

Wer sich tiefer in Erfolgsgeschichten großer Transformationsprozesse, beispielsweise AppleApple aber auch IBMIBM in den späten 1990ern, einarbeitet, wird schnell feststellen, dass die Führungspersönlichkeiten stets - wie Kotter es nennt - eine starke "Guiding Coalition" etabliert hatten. Teil derer waren ausgewählte junge und kreative Köpfe, erfahrene Projekt-Manager und vor allem das Top-Management. Denn eines steht außer Frage: Großer strategischer Wandel, so auch der digitale Wandel, muss immer top-down und kann nie bottom-up entstehen. Nur wenn er von der Unternehmensleitung initiiert wird, gleichzeitig aber von der Belegschaft mitgetragen und ausgerollt wird, besteht eine Chance auf Erfolg. Scheitern Transformationsprozesse so stinkt der Fisch mindestens genauso oft vom Kopf her, wie Widerstände der Belegschaft die Ursache sind. Alles zu Apple auf CIO.de Alles zu IBM auf CIO.de

Damit sollte auch klar sein, dass es eben nicht reicht, ein paar Digital Natives mit einigen externen Beratern als Projektteam ins Rennen zu schicken, das wohlwollend vom Vorstand beobachtet wird. Versuche, eine Start-up-Atmosphäre zu kopieren, springen zumeist zu kurz. Denn Start-ups haben eben nicht nur einige Vorteile, sondern auch Organisationsstrukturen, die nicht für größere Einheiten brauchbar sind, sowie ein extrem hohes Risiko und damit sehr geringe Überlebenschancen. Möchte man dies als etabliertes Unternehmen ebenfalls kopieren? Sicherlich nicht!

Nochmals: Das Top-Management muss der Ausgangspunkt und Treiber der Veränderungen sein. Für den digitalen Wandel muss insbesondere sichergestellt sein, dass in der Führungsgruppe kein "Disconnect" zwischen CEO/CFO und CIO/CTO besteht. Wir alle kennen die leidige Diskussion um die Notwendigkeit einer stärkeren Berücksichtigung der IT-Belange bei strategischen Fragestellungen, wie bei der Prüfung von Akquisitionen. Das beständige Klagen sowohl der Business- als auch der IT-Seite hinsichtlich der gegensätzlichen, unverständlichen Interessenlagen ist ebenfalls Legion. Ob nun der CIO oder doch vielleicht eher der CTO die kritischere Position im Team ist, hängt wesentlich davon ab, welche Faktoren im Geschäftsmodell vom digitalen Wandel betroffen sind beziehungsweise wie die Vision für die Zukunft aussieht. Es macht zwangsläufig einen wesentlichen Unterschied, ob man als Herausforderung die Digitalisierung der Prozesskette auf der Back-Office-Seite im Blick hat oder ob es darum geht, einem bisher analogen Produkt ein digitales Herz einzuhauchen.

Wie man als Top-Manager den digitalen Wandel vorantreiben kann, macht aktuell Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner vor. Statt sich wie der eine oder andere Top-Manager hinter Arbeitsgruppen, Gremien oder Beraterzirkeln zu verstecken, führt er von der Spitze aus. Zwar ist heute keinesfalls klar, ob seine aggressive Umstrukturierung des Medienhauses letztlich von Erfolg gekrönt ist, aber Zögerlichkeit kann man ihm aktuell nicht vorwerfen.

Kritiker, wie der Spiegel-Kommentator Markus Brauck, sehen bei ihm aber andere Schwachstellen. Sie werfen ihm vor, mit seinen Desinvestments einen "verlegerischen Offenbarungseid" zu leisten und dies zu rechtfertigen mit einem "vagen Versprechen auf bessere Zeiten in einer nebulösen digitalen Zukunft". Gerade eine belastbare Vision ist für den erfolgreichen digitalen Wandel aber unverzichtbar.

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