Analysten-Kolumne

Banken-IT unter Entscheidungsdruck

08.12.2004
Von Jost Hoppermann
Die Banken in Europa sehen sich derzeit vielen Herausforderungen gegenüber. Fusionen, Übernahmen, Reorganisationen und das Abstoßen nicht zum Kerngeschäft gehörender Bereiche führen dazu, dass sich die Geschäftsprozesse laufend verändern. Gleichzeitig müssen die Finanzinstitute Umsätze und Einnahmen steigern, die Kosten im Griff behalten und neue Produkte entwickeln – alles mit Blick auf die ihnen von den Behörden gesetzten Regeln. Ihre vorhandenen IT-Plattformen sind aber zumeist nicht geeignet, sie dabei zu unterstützen.

In vielen Fällen droht die mangelnde Flexibilität und Agilität der Anwendungssysteme sogar die Geschäftsabläufe eher zu behindern. Viele BankenBanken sind sich dessen bewusst und haben bereits die Ablösung ihrer bisherigen Systeme in Angriff genommen. Andere, die noch zögern, werden sich zumindest den gleich hohen Kosten, möglicherweise aber wesentlich höheren Risiken gegenüber sehen. Denn eine Veränderung der IT-Architektur einer Bank ist kein Projekt, das man leicht oder schnell realisieren kann. Top-Firmen der Branche Banken

Für die Banken ist wichtig, dass neue Funktionalitäten oder völlig neue Anwendungen ihnen helfen, die Einnahmen aus dem Geschäft mit bestehenden Kunden zu verbessern – und neue Kunden zu gewinnen. Deshalb werden sie in zunehmendem Maße ihre Rentabilität auf Kundenbasis berechnen – und ihre Kosten für den Kundenservice durch die Migration auf neue Self-Service-Technologien einzudämmen suchen.

Standardisierung im Kommen

Auch die im Gang befindliche Welle von Fusionen und Übernahmen treibt, neben der Migration bestehender, die Einführung neuer IT-Systeme und Applikationen. Das gleiche gilt für die Joint-Ventures, die von verschiedenen Banken für einheitliche Prozesse wie die Abwicklung von Hypotheken, Krediten, die Scheck-Bearbeitung oder den Zahlungsverkehr geschaffen worden sind.

Die IT-Abteilungen vieler Banken und Finanzdienstleister stehen vor dem Problem, dass in den meisten Fällen ihre vorhandenen Anwendungsplattformen nicht gemeinsam geplant wurden, sondern über Jahre hinweg durch individuelle Veränderungen an traditionellen Bank-Systemen entstanden sind. Daraus resultierte ein Sammelsurium an Patchwork-Applikationen, das den heutigen Anforderungen nur selten entspricht. Wenn sie sich nicht bald für neue Systeme entscheiden, gehen sie ein hohes Risiko ein. Denn unzureichende Flexibilität und Agilität ihrer alten Systeme können dazu führen, dass neue Produkte nicht rechtzeitig auf den Markt kommen, die Kosten außerordentlich steigen und Qualitätsverluste entstehen.

Eigenentwicklung contra Standardlösung

Ob man sich dafür entscheidet, neue Banking-Plattformen selbst zu entwickeln oder auf das vorhandene Angebot der Anbieter zurückgreift, hängt zumindest zum Teil von der Größe der Bank ab. Bisher haben kleinere und mittelgroße Institute mehr dazu tendiert, "Off-the-Shelf"-Angebote zu akzeptieren, während Großbanken meist Plattformen vorziehen, die intern entwickelte Applikationen einschließen. Das dürfte sich in dem Maße ändern, in dem kommerzielle Banking-Plattformen flexibler und skalierbar werden.

Zur Startseite