Privatisierung der Bundeswehr-IT wird deutlich teurer

Herkules hat sich verhoben

11.05.2004
Von Thomas Zeller
Das Bundeswehr IT-Projekt "Herkules" droht nun endgültig zu einem Flop zu werden. Nach verschiedenen Medienberichten musste der Vertragsabschluss für eines der größten Privatisierungsvorhaben des Heeres erneut verschoben werden. Zudem droht eine weitere Kostenexplosion um bis zu eine Milliarde Euro.

Damit könnte sich auch Herkules bald zu der langen Reihe der gescheiterten IT-Projekte der öffentlichen Hand (Virtueller Arbeitsmarkt, Fiscus, Toll Collect) gesellen. Sämtliche Vorhaben wiesen am Ende deutlich höhere Kosten aus als ursprünglich angegeben und eine Symptomatik findet sich nun auch bei Bundeswehr-IT. Ursprünglich sollten sich die Ausgaben der Steuerzahler über einen Zeitraum von zehn Jahren auf 665 Millionen Euro jährlich belaufen. Diesen Wert zweifelt die SPD-Haushaltsexpertin Elke Leonhard in einem Bericht der Zeitung "Die Welt" jedoch an. Nach ihren Angaben könnte sich das Projekt um rund eine Milliarde Euro verteuern.

Neuausschreibung in Sicht

Auch der Zeitrahmen für Herkules ist längst aus dem Ruder gelaufen. Seit der Ausschreibung des Vorhabens 2001 kann das zuständige Ministerium keinen Vertragsabschluss vorweisen. Erst versuchte sich der Bund mit unsinnigen Forderungen auf Kosten der privaten Partner abzusichern. So sollten diese nach CIO-Informationen etwa unterschreiben, fünf Jahre lang die Munition der Bundeswehr zu versichern. Dann bremste die Ministerialbürokratie aus Angst, ihre Macht und Bedeutung zu verlieren.

Im Augenblick sind noch immer zwei Konsortien im Rennen um Herkules. Zum einen gibt es das Tis-Konsortium bestehend aus den Unternehmen Telekom, IBMIBM und Siemens. Als zweiter Bewerber tritt Isic 21 (CSC-Ploenzke, EADS und Mobilcom) an. Das Verteidigungsministerium bevorzugt derzeit Isic 21. Ursprünglich wollte sich das Bündnis aus dem Beratungshaus CSC Ploenzke, dem Rüstungskonzern EADS und Mobilcom bis März mit dem Bundesministerium für Verteidigung einigen. Aufgrund der Verzögerungen wird es nun aber für beide Seiten eng. Laut den Ausschreibungsunterlagen müssen die Verhandlungen bis spätestens Ende 2004 abgeschlossen sein. Alles zu IBM auf CIO.de

Neue Wege

Für Aufruhr sorgt nun auch die Forderung Leonhards statt der Privatisierung der gesamten Informationstechnologie auch über Wege einer Teilprivatisierung oder über eine bundeswehreigene Lösung nachzudenken. Pikant sind die Äußerungen der Politikern vor allem deshalb, weil sie im Haushaltsausschuss des Bundestages die zuständige Berichterstatterin für den Einzelplan Verteidigung ist. Der Plan von Leonhard, nur die Informationsnetze oder die Rechenzentren zu privatisieren, wird bisher vom Verteidigungsministerium abgelehnt. In einem Sachstandsbericht heißt es dazu, die Gründung von kleineren Einzelgesellschaften sei zu kompliziert.

Die Privatisierung der Bundeswehr-IT gilt als Mammut-Projekt. Im Augenblick gibt es bei der Administration und der Logistik noch einen Wildwuchs von 15 verschiedenen Insellösungen. Künftig sollen dieses Aufgaben mit einheitlich mit einem industrieüblichen Standardsystem erledigt werden. Außerdem umfasst Herkules noch die gesamte interne und externe Kommunikation. In Zahlen heißt das: Rund 140000 PC-Arbeitsplätze sind zu betreuen, 300000 Fernsprechteilnehmer suchen Anschluss.

Für diesen Bereich beschäftigt die Bundeswehr zurzeit 5.500 Angestellte und Beamte. Sie sollen in die neue Privatgesellschaft, an der das Ministerium mit 49 Prozent beteiligt ist, wechseln. Nach Angaben der Haushaltspolitikerin Leonhard wollen die Konsortien jedoch mehr als 1.100 Beschäftigte nicht übernehmen. Dies sei in dieser Form nicht tragbar und wecke weitere Zweifel daran, ob Herkules überhaupt realisierbar sei.

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