Real-Time Enterprises

Gartners Vision für die Krisenzeit

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.
Auf seinem Frühlings-Symposium in Florenz empfiehlt das Forschungs- und Beratungshaus Gartner IT-Verantwortlichen das "Real-Time Enterprise" als Vision für die Zukunft. Zwar sind selbst die Vorzeigefirmen auf der Konferenz weit davon entfernt, ihre Daten sekundengenau nutzbar zu machen, aber immerhin vermittelt das Schlagwort eine gewisse Aufbruchstimmung.

Ein Blick auf Gartners wichtigste zehn IT-Trends für 2003 entlockt den rund 1000 Anwesenden im Florentiner Kongresszentrum nicht mehr als ein gequältes Lächeln: Wieder steht ganz oben auf der Liste "Kosten und Budget-Zwänge". Wie schon in den Jahren 2001 und 2002 hält sich dieser Trend hartnäckig an der Spitze der Themen, die 620 IT-Verantwortliche aus Gartners Exekutive Programm als wichtig einstuften. Erst an zweiter und dritter Stelle in der Umfrage gaben die Befragten neue Prioritäten an: Platz zwei nimmt die Datensicherheit ein (in 2002 noch auf Platz vier) und Bronze gewinnt das Beschleunigen von InnovationInnovation (in 2003 auf Platz fünf). Alles zu Innovation auf CIO.de

Gartners Vice President Andy Kyte fasst die Konsequenz dieser Prioritätenliste wie folgt zusammen: "CEOs werden CIOs auch in diesem Jahr wieder sagen: 'Du hast mehr mit weniger zu leisten". Es liegt auf der Hand, dass er damit die IT-Verantwortlichen in der "Fortezza da Basso" nicht zum Klatschen animierte. Um trotzdem eine positive Stimmung zu verbreiten, fokussierte Kyte auf Platz drei der Top-Trends in der IT. Das gesteigerte Bedürfnis nach schnelleren Innovationen zeige, wie wichtig ein Real-Time Enterprise in Zukunft werde. Wer die Wünsche der 'Jetzt-Generation' am schnellsten bediene, werde seinem Unternehmen die größten Vorteile verschaffen. Da Schnelligkeit nur mit IT möglich sei, hätten die CIOs die besten Chancen, als Gewinner aus der Beschleunigung der Geschäftswelt hervorzugehen.

Niemand auf dem Podium widersprach: Dario Scagliotti, CIOvon Pirelli, bekannte, dass ihn Schnelligkeit immer schon fasziniert habe. Robert Lloyd von Cisco hält Echtzeit-Unternehmen schon deshalb für unumgänglich, weil sein Unternehmen die dazugehörige Technik liefert. Und Peter Schleidt, Executive Vice President der "Danske Bank", treibt in Richtung "Real-Time Enterprise", um die Produktivität im größten dänischen Bankhaus zu steigern. In puncto Kreditvergabe bewerte man die Kunden bereits jetzt täglich neu. Dass jemals eine Kreditwürdigkeit sekundengenau geändert werde, hält er zwar für unwahrscheinlich. "Das Thema Real-Time Enterprise eignet sich trotzdem als Vision, auch wenn es noch eine lange Reise bis zur Realisierung ist", erklärte Schleidt jedoch.

Gartner selbst sortiert Real-Time-Enterprises noch am Anfang des Hype-Cycle ein. Im Augenblick werde mehr darüber geredet als realisiert. Die wenigsten Unternehmen hätten wirklich erkannt, dass ihnen die Kunden weglaufen, wenn ihre Wünsche nicht umgehend befriedigt werden, erklärte Mark Raskino, Real-Tme-Experte bei Gartner: "Billig-Fluglinien sind gute Beispiele."

Unabhängig von Real-Time-Enterprises oder von Wireless Computing, dem zweithäufigst diskutiertem Thema auf dem Frühlings-Symposium, zeigte sich Gartner-CEO Michael Fleisher in seiner Eingangsrede zuversichtlich, dass die Krise der IT 2004 enden werde. "Der Technik-Sektor wird sich unabhängig von der Weltwirtschaft erholen", tröstete Fleisher alle Anbieter. "An einem bestimmten Punkt ist es teurer, ein altes System zu pflegen als ein neues zu kaufen."

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