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E-Business im Arzneimittelhandel

Äskulap geht online

SanacorpSanacorp Pharmahandel, zu drei Viertel in fester Hand von Apothekern, gibt sich demonstrativ gelassen: "Wir gehen davon aus, dass die Online-Apotheke nicht kommt", so Sanacorp-Pressesprecher Christoph Kayenburg lapidar. Und er fügt hinzu: "E-Commerce ist auf einem Hype entstanden, und Sie sehen ja selbst: Viele Unternehmen sind inzwischen wieder vom Markt verschwunden." Das sind die offiziellen Statements. Die Gespräche hinter verschlossenen Türen jedoch bekommt niemand mit. Top-500-Firmenprofil für Sanacorp

Solche Kampfpreise spalten den hiesigen Markt. Die Liberalisierung des Arzneimittelhandels ist politisch höchst brisant. Von "SPD-Wahlkampfgetrommel" spricht etwa Lars PolapLars Polap, bei Gehe verantwortlich für den Bereich Corporate New Media. Man habe die Zahlen von Doc Morris und dessen Geschäftsmodell sehr genau geprüft. "Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es sich nicht rechnen kann", so Polap, der bei Gehe den OnlineShop Pharmacy-Point leitet. Schließlich müsse die Lieferung aus den Gewinnmargen heraus finanziert werden. Profil von Lars Polap im CIO-Netzwerk

Vertrieb: Lücke zwischen Apotheke und Endkunde

Es sei unwahrscheinlich, dass das funktioniere. Allerdings ist Polap bei seinen Berechnungen noch davon ausgegangen, dass die Holländer sich gewissermaßen die Rosinen aus der Produktpalette herauspicken würden. Genau das ist auch das erste Argument des Bundesverbandes Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Es baut auf die Annahme, dass Doc Morris das Sortiment lediglich auf teure Medikamente stützen würde, gerade jene also, die die höchste Gewinnmarge erzielen. Inzwischen allerdings ist das Angebot auf rund 90000 Medikamente angewachsen und der Vorwurf damit entkräftet.

Dennoch kursieren derzeit eine Menge Gerüchte in der Branche: Doc Morris habe nur 1500 Medikamente im Sortiment; das Online-Geschäft betreffe ohnehin nur ein Prozent des Umsatzes; das Unternehmen schreibe rote Zahlen, und das würde sich auch nie ändern. Richtig ist, dass Doc Morris nur Umsatzzahlen veröffentlicht, aber keine Bilanz, geschweige denn eine Aussage über Gewinnmargen macht - ein guter Nährboden für Gerüchte.

Sal.-Oppenheim-Analyst Leue ist sich sicher, dass der Markt den Versandhandel braucht: "Im Vertriebszweig zwischen Apotheke und Endkunde klafft eine Lücke. Nur zwischen Pharma-Hersteller, Großhändler und Apotheker läuft über das so genannte Electronic Data Interface alles perfekt; hier beeindruckt das Internet wenig." Online-Händler könnten in wenigen Jahren etwa sechs bis acht Prozent des Marktumsatzes einstreichen, schätzt Leue. In den USA ist es bereits heute so viel. Dort haben die traditionellen "Brick-and-Mortar-Pharmacies" längst Koalitionen mit den Internet-Apotheken geschmiedet. Der Grund: Die Online-Apotheken konnten alleine nicht bestehen. Klassische Apotheken erkannten den Wert des neuen Geschäfts. Heute bestellen US-Kunden jedes zehnte Medikament über das World Wide Web.

"Die Rentabilität der Großhändler wird in der Zukunft immer mehr davon abhängen, ob und wie sie auf die Herausforderungen des elektronischen Handels reagieren", schreibt Leue in der Sal.-Oppenheim-Studie "Pharmagroßhandelhandel: Kaum Risiken und Nebenwirkungen" (2001). Auch Annette Schwertmann, Senior Consultant beim Diebold, sieht hier ein Defizit: "Die Geschäftsprozesse der Großhändler sind vielfach noch nicht einzelkundenfähig. Sie unternehmen hier viel zu wenig, um das zu ändern." Zwar hätten einige Großhändler gute Internet-Auftritte, doch gingen sie alle noch den Umweg über die Apotheke, so die Erkenntnis von Schwertmann. Das jedoch verwundert die Spezialistin für Handel und Pharma-Großhandel wenig: "Die Pharma-Branche ist außerordentlich konservativ. Da tut sich so schnell nichts." Top-Firmen der Branche Handel

Über seine E-Commerce-Plattform Apo-Net verkauft mittlerweile auch der Apothekerverband Medikamente. Der Vertrieb läuft über "Pick-Points" - Tankstellen, an denen Kunden ihre im Internet bestellten Artikel abholen können. Die Medikamente sind allerdings weder verschreibungspflichtig noch billiger als in der Apotheke.

Initiative Pro Apotheke, Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA)
E-Business-Portal des ABDA

Online-Apotheke Doc Morris
Wissenschaftliches Institut der Krankenkasse AOK

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