Public IT


Thesen zu Open Data

Apps-Wettbewerbe sollen den Staat umgestalten

Johannes Klostermeier ist freier Journalist aus Berlin. Zu seinen Spezialgebieten zählen unter anderem die Bereiche Public IT, Telekommunikation und Social Media.

CIO.de: War das Thema nicht zuerst eher eine Sache von unten, von politischen Aktivisten?

Schmid: Der Drive, den die Community dort entwickelt, ist sehr wichtig. Zum einen wird wirksam das Interesse artikuliert, stärker an den politischen Willensbildungsprozessen der öffentlichen Verwaltung teilzuhaben. Zum zweiten sind sehr viele technische Ideen aus der Community Türöffner in der Diskussion: Die Beratung sieht da einen Flankenschluss zu den in der Verwaltung intern laufenden Modernisierungsprojekten. Da kommen Interessen zusammen.

CIO.de: Sie üben in Ihrem Whitepaper auch Kritik an den bisherigen Reaktionen der Verwaltung im Bereich Open Data.

Schmid: So muss sich gute Beratung auch verstehen. Da muss es Rückgrat dafür geben, Aspekte anzusprechen, warum wir uns etwas ansehen wollen. Im Vergleich zur internationalen Entwicklung in diesem Bereich ist festzuhalten, dass die Entwicklung in anderen Industrienationen unter dem Label Open Data schon vor drei Jahren begonnen haben. Ich will nicht sagen, dass die Ergebnisse dort besser sind. Einige Gedanken müssen in Deutschland sich aber erst noch entwickeln, wo andere Länder schon ihre Erfahrungen gesammelt haben. Open Government ist kein erweitertes Bar Camp Projekt (offene Tagungsform, in deren Verlauf die Teilnehmer erst die zu diskutierenden Themen festlegen, Anm. d. Red.), sondern braucht eine strategische Verankerung in der Verwaltung. Open Government ist nur zum Teil ein Technikprojekt, vielmehr geht es um eine Neugestaltung der Verwaltung. Durch die Technik ergeben sich Möglichkeiten, Verwaltungshandeln transparenter zu machen, die vor fünf Jahren noch nicht möglich gewesen sind.

Ängste von Mitarbeitern müssen berücksichtigt werden

CIO.de: Wird diese Transparenz nicht von vielen Handelnden gefürchtet?

Open-Government braucht die Einbindung des Datenschutzes und der Personalvertretung, meint Alexander Schmid von Bearingpoint.
Open-Government braucht die Einbindung des Datenschutzes und der Personalvertretung, meint Alexander Schmid von Bearingpoint.
Foto: MEV Verlag

Schmid: Genau das ist der zentrale Punkt, der hier gesehen werden muss. Es handelt sich um eine Veränderung, eine Neuausrichtung des Verwaltungshandelns. Hinter jedem Prozess steckt in der Verwaltung menschliches Handeln. Was in den letzten hundert Jahren nicht sichtbar war, wird da womöglich durch Open-Government-Anwendungen transparent. Das heißt, es gibt hier Ängste von Mitarbeitern, die berücksichtigt werden müssen. Ein Open-Government-Projekt braucht deswegen von Anfang an die Einbindung des Datenschutzes und der Personalvertretung.

CIO.de: Bedeutet das auch ein anderes Verständnis zwischen Staat und Bürgern?

Schmid: Das kommt darauf an. Open Government steht als Begriff über der Diskussion. Darunter muss man sich ansehen, um welche Daten es sich handelt. Sind es Wetter- oder Geodaten, oder geht es um die Erteilung von Baugenehmigungen oder die Verteilung von Lehrern auf Grundschulen in einem bestimmten Wohnbezirk? Da muss man differenzieren.

CIO.de: Welche Städte in Deutschland sind denn besonders fortschrittlich, was den öffentlichen Umgang mit Daten angeht?

Schmid: Auf kommunaler Ebene gibt es viele Angebote. Die Stadt Köln ist hier zu nennen mit ihrem Bürgerhaushalt, die Stadt Hamburg mit ihren Diskussionsforen. Ein Erfolgsfaktor bei der Partizipation ist die Verankerung in der Verwaltung. Dass ich als Bürger oder Unternehmen sehe, dass mit meiner Anfrage etwas in der Verwaltung passiert. Das ist nicht nur ein Prozess, sondern meine Beteiligung verändert das Verwaltungshandeln. Im Bereich Open Data stoßen Städte auf Hürden wie etwa das Urheberrecht, die Datensicherheit oder die Bereitstellung der Daten. Das erfordert eine grundsätzliche Aufstellung der Verwaltung.

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