Meine Software mag ich nicht

Bloatware verursacht Milliarden-Kosten

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Zu viele Add-Ons und komplizierte Software ärgern die User und sorgen für unnötige Kosten. Unternehmen verlieren dadurch wertvolle Zeit und Produktivität, so das Ergebnis einer Umfrage.
Unnötig komplizierte Software nervt die User.
Unnötig komplizierte Software nervt die User.
Foto: Ollyy - shutterstock.com

IT-Fachleute verlieren fast einen ganzen Arbeitstag pro Woche, im Durchschnitt sieben Stunden und 19 Minuten, weil sie sich mit unerwünschter, überladener und übermäßig komplizierter Software herumschlagen müssen - sogenannter "Bloatware". Diese behindere die Produktivität und verursache Frustration bei der Arbeit, so das Ergebnis einer von Freshworks beauftragten Studie. Dafür wurden im Frühjahr 2022 weltweit rund 2.000 IT-Fachleute befragt, hauptsächlich in den USA und Großbritannien, aber auch in anderen europäischen Ländern wie Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Schweden.

Knapp neun von zehn Befragten beklagten, dass sie durch aufgeblähte und komplexe Technik Zeit verschwenden, weil sie damit von ihren eigentlichen Kernaufgaben abgelenkt würden. Diese unnötig komplexen Systeme stellen zudem eine große finanzielle Belastung für die Unternehmen dar. Die damit verbundenen Kosten belaufen sich der Studie zufolge allein in den USA auf mehr als 84 Milliarden Dollar pro Jahr.

"Technologie ist in der heutigen digitalen Welt entscheidend für den Unternehmenserfolg, aber viel zu viele Unternehmen werden durch Software abgelenkt, die sie nicht wollen und nicht nutzen können", sagt Joe Peppard, ehemaliger Principal Research Scientist an der MIT Sloan School of Management. Die Auswirkungen von Bloatware seien weitaus größer, als den meisten Unternehmen bewusst sei. "Mehr Software ist nicht immer besser."

User sind unzufrieden

Viele Softwarehersteller würden sich zu sehr darauf konzentrieren, sicherzustellen, dass ihre Technologie den Ansprüchen aller CIOs genügt. Damit würden jedoch die User mit Add-Ons überhäuft, von denen die meisten ungenutzt blieben. Die Folge: Nutzerinnen und Nutzer mögen die Software nicht, mit der sie tagtäglich arbeiten. Stattdessen sollte Software einfach und schnell funktionieren. Mit zunehmender Komplexität der Softwarepakete sinke aber die Zufriedenheit der User.

Im Durchschnitt gaben europäische IT-Fachleute an, 15 verschiedene Programme auf ihrem Arbeitscomputer installiert zu haben, von denen sie aber nur die Hälfte nutzten. Rund 50 Prozent der Befragten erklärten, ihr Unternehmen bezahle für Software, die in den IT-Teams nie genutzt werde. Das Problem: Sieben von zehn IT-Mitarbeitern haben resigniert und lassen Bloatware einfach über sich ergehen. Das liegt laut Studie daran, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht als Nörgler dastehen wollen beziehungsweise das Gefühl haben, ihr Feedback werde ignoriert.

Über 90 Prozent der IT-Fachleute sind mit der Software ihres Unternehmens unzufrieden. Sie verlangsame ihre Arbeit, es mangele an Flexibilität und sie benötigten mehrere Programme, um ihre Arbeit effektiv zu erledigen, lauten die Hauptkritikpunkte. In der Folge könnten diese Softwaredefizite zu mehr Burnout-Fällen in den Unternehmen führen.

Softwarehersteller mögen gute Absichten gehabt haben, indem sie immer mehr Add-Ons und Funktionen in ihre Produkte eingebaut haben, sagt Prasad Ramakrishnan, CIO bei Freshworks. Das habe im Endeffekt jedoch zu mehr der Komplexität geführt und sich damit als Fehlschlag erwiesen. Angesichts der sich abzeichnenden Konjunkturabschwächung würden viele Betriebe ihre technischen Lösungen auf den Prüfstand stellen und stärker auf Lösungen achten, die die Produktivität befördern. Ramakrishnan mahnt deshalb: "Bloatware muss verschwinden."

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