HANS-JOACHIM-NITSCHKE

Broker im Internet

01.10.2001
Von Meike Hebestreit

1997 begann Nitschke, das Produktangebot der Comdirect auf den elektronischen HandelHandel mit Aktien zu spezialisieren. Mittlerweile zählt www.comdirect.de mit 175 Millionen Aufrufen und sechzig Millionen Visits pro Monat zu den meistbesuchten europäischen Finanzseiten im Web. Die Zahl der Kunden des Online-Brokers lag im März 2001 bei insgesamt mehr als 600000. Sie können auf der Website mit Aktien handeln, Neuemissionen zeichnen, Kurse abfragen oder Geld in Fonds und Optionsscheinen anlegen - ein Angebot, das der Comdirect während des Börsenbooms tiefschwarze Zahlen bescherte, das aber vor dem Hintergrund dramatisch eingebrochener Aktienmärkte und extrem zurückhaltender Anleger die Bilanz fürs erste Quartal 2001 ordentlich verhagelte: 19,8 Millionen Euro betrug der Verlust vor Steuern; im Vorjahr konnte die Direktbank noch zehn Millionen Euro Gewinn ausweisen. Top-Firmen der Branche Handel

Während sich für IT-Chef Nitschke noch vor einem Jahr alles um die Systemverfügbarkeit drehte, muss er heute vor allem neue Produkte entwickeln. Mit populären Angeboten wie dem "Brokerpoker" oder dem "Musterdepot" versucht der Marktführer der europäischen Online- Broker, Interessierte unverbindlich auf seine Site zu locken. "Ziel ist es, sie dort vom Wert unserer Angebote zu überzeugen und zu Kunden zu machen", erklärt Nitschke. Sein strategisches Zauberwort heißt Content. Die Unternehmensberichte aus den Research-Abteilungen der BankenBanken etwa sollen Kunden künftig online abrufen können -- gegen Gebühr wohlgemerkt. Potenzial sieht Nitschke zudem in der Nutzung von Kundenprofilen und im Aufbau einer paneuropäischen Internet- Plattform. Tochterfirmen in Frankreich, Großbritannien und Italien sollen dazu mit einheitlichen Applikationen wie Datenbanken, Telefonleitungen, Frontend- und Backoffice-Systemen ausgerüstet werden. Obwohl die Geschäftsführer im Ausland murren, die Implementation dauere zu lange, glaubt Nitschke an die Synergien. Top-Firmen der Branche Banken

Ein ausgewiesener IT-Experte ist Nitschke nicht. Zwar trägtder 52-jährige Betriebswirt die Verantwortung für dietechnologische Entwicklung des Online-Brokers; "dafür mussich aber selbst kein Software-Spezialist sein". In dertäglichen Zusammenarbeit mit seinen Mitarbeitern sei dieFrage, was umgesetzt werden solle, wichtiger als die Frage,wie man etwas realisiere.

Als CIO ohne Fachwissen will Nitschke trotzdem nichtdastehen. "Es gelingt mir ab und zu, unsere IT-Experten mitmeinem Computer-Wissen zu beeindrucken", sagt er. Allein aufsich selbst verlässt er sich aber nur häuslichenBastelarbeiten. Am Wochenende werkelt Nitschke gerne in Hausund Garten. Oder er schickt seine Märklin-Eisenbahnen durchein fest installierte Landschaft, raucht seine geliebten HBund denkt über das Leben nach. Der nächste Karriereschrittsteht in drei Jahren an, wenn sein Vertrag bei der Comdirectausläuft. Ob er ihn verlängern wird, hat er noch nichtentschieden; auch eine neue Aufgabe könnte er sichvorstellen. Ums GehaltGehalt gehe es ihm dabei nicht, behauptetNitschke - eher um gute Werke. Die hatte er schon einmal alsBerufsziel, damals als er an den 68er-Demos teilnahm. InnereMission hieß die Einrichtung des Diakonischen Werkes, fürdie er sich engagierte. "Das Gesundheitswesen würde michsehr reizen", sagt Nitschke heute. Vorher muss aber erst dasTelefon klingeln ... Alles zu Gehalt auf CIO.de

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