Die neue Immobilität bei Managern

Bye-bye, Fernbeziehung

09.02.2016
Von Claudia Obmann

Ist das Abwinken bereits beruflich arrivierter Familienmütter und -väter noch nachvollziehbar, überrascht so manchen Arbeitgeber, der mit attraktiven Aufstiegschancen lockt, die Haltung junger Führungskräfte. "Manager Anfang 30, bei denen sowohl die Frau als auch der Mann berufstätig sind, antworten klipp und klar: Wir haben unser Leben gut organisiert und wollen daran nichts ändern", berichtet Gabriele Stahl von einer häufigen Reaktion auf eine Aufstiegsofferte. Bei solchen berufstätigen Paaren müssen noch nicht mal Kinder im Spiel sein.

Home Office gehört oft zum Standard

Der Nachwuchsmanager legt schlicht und einfach Wert auf seinen Freundeskreis und auf Zeit für Hobbys. "Das Privatleben wird wichtiger - ob mit oder ohne Kinder", bestätigt Simone Wamsteker. Sie ist für Neueinstellungen beim Beratungsunternehmen Accenture zuständig und berichtet von Vorstellungsgesprächen Folgendes: "Schon Bewerber frisch von der Uni fragen uns beim Einstellungsgespräch nach der Vereinbarkeit von Job und Berufsleben. Und unsere entsprechenden Flexibilisierungsangebote werden auch immer stärker genutzt - quer durch alle Hierarchiestufen."

Mitarbeitern tragbare Bürotechnik zu spendieren und Home Office nach Gusto zu ermöglichen, damit ihnen mehr Zeit zu Hause bleibt, gehört in vielen Branchen und Unternehmen bereits zum Standard. Arbeitgeber lassen sich aber noch viel mehr einfallen. Simone Wamsteker sagt zum Beispiel: "Wir haben extra neue Büros in Bonn, Jena und Stuttgart eröffnet, um lange Anfahrtswege unserer Berater zur Deutschlandzentrale in Kronberg im Taunus zu vermeiden. Außerdem versuchen wir, unsere Berater so bei Kunden einzusetzen, dass sie möglichst wenig Reiseaufwand haben."

Manche Arbeitgeber verlegen sogar ihr Hauptquartier aus der Provinz in die Großstadt. So wie Armaturenhersteller Grohe AGGrohe AG. 2008 zog die Firmenzentrale aus dem sauerländischen Hemer nach Düsseldorf, "nicht zuletzt wegen der Vorteile des internationalen Flughafens und einer höheren Attraktivität des Standorts für neue Mitarbeiter", sagt Personalvorstand Michael Mager. Top-500-Firmenprofil für Grohe AG

Der deutsche Elektrokonzern BoschBosch dagegen hat seine Karrieremodelle den geänderten Managerpräferenzen angepasst. Personalvorstand Christoph Kübel hat das im Handelsblatt-Interview so beschrieben: "Familiäres und berufliches Engagement ist uns gleich wichtig. Wir erkennen deshalb eine Auszeit für die Kindererziehung oder die Pflege eines Angehörigen als einen von fünf Karrierebausteinen an, die unsere Führungskräfte brauchen, wenn sie weiter aufsteigen möchten. Diese soziale Erfahrung setzen wir etwa mit einem Auslandsaufenthalt gleich." Top-500-Firmenprofil für Bosch

Globale Konzerne verfolgen dagegen eine alternative Strategie: Sie setzen dank Vernetzung auf virtuelle Teams, um die Lage zu entspannen. Bei IBMIBM, Mattel oder Johnson & Johnson zum Beispiel werde vom Spitzenpersonal nicht erwartet, umzuziehen. Vielmehr werde vorausgesetzt, dass sich virtuelle Teams, die ohnehin verstreut auf sämtlichen Kontinenten arbeiten, per Videokonferenz steuern lassen - von wo auch immer. Repräsentationspflichten von Managern werden außerdem exakt vertraglich festgelegt. Alles zu IBM auf CIO.de

Und dann gibt es noch ein neues Lockmittel von Chefs, die einen Kandidaten unbedingt engagieren wollen: Sie unterbreiten auch seiner Partnerin ein attraktives Jobangebot. Stahl: "Noch ist das ein zartes Pflänzchen, aber die Tendenz, darüber nachzudenken, nimmt zumindest bei globalen Konzernen zu." (Handelsblatt)

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