Elektromobilität

China und die erzwungenen Elektroautos

07.11.2016
Ein umstrittenes Quotensystem, unfreiwilliger Technologietransfer - es gibt viel zu mosern über Chinas E-Auto-Pläne. Ambitioniert sind sie allemal. Wie sie umgesetzt werden, scheint noch offen. Aber die deutschen Autobauer starten nicht gerade von der Pole-Position.

Mit ehrgeizigen Plänen zur Förderung der Elektroautos mischt China die deutschen Autobauer kräftig auf. Die Regierung in Peking will den größten Automarkt der Welt mit einem "großen Sprung nach vorn" in eine Zukunft der Elektromobilität katapultieren. Aber vieles ist noch unbedacht. So bleibt fraglich, ob das geplante Gesetz auch wirklich so ambitioniert und weitreichend bleibt. Fest steht nur, dass die meisten deutschen Autobauer die Auflagen in der jetzigen Entwurfsform wohl nicht erfüllen können.

"Es ist ja nicht so, als wenn wir geschlafen hätten, sondern wir müssen ja auch die lokalen Produktionsbedingungen erfüllen", verlautete aus VW-Kreisen. Auch müssten die Zulieferer bereit oder die Entsorgung der Batterien geklärt sein. Nach dem Entwurf für die umstrittene Quotenregelung sollen aber schon 2018 acht Prozent der neu gebauten Autos eines Herstellers einen elektrischen Antrieb haben, 2019 dann zehn Prozent und 2020 sogar zwölf Prozent.

MMI-Ansicht aus einem Audi A4 L in China.
MMI-Ansicht aus einem Audi A4 L in China.
Foto: Audi AG

Der Volkswagen-Konzern verkauft heute in China noch kein einziges lokal produziertes Auto mit Elektroantrieb. Als erste begann die Tochter Audi jetzt mit der Produktion eines A6 e-tron, einem Plugin-Hybrid, der sowohl mit Benzin als auch Strom fährt. In drei bis vier Jahren will Europas größter Autobauer aber in China 15 lokal produzierte Modelle mit alternativen Antrieben wie Batteriefahrzeuge oder Plugin-Hybride anbieten.

"Wir setzen auf nachhaltige Mobilität und wollen auch bei Elektromobilität führend sein", sagt VW-Sprecher Christoph Ludewig. "Dazu ist ein vorhersehbarer, verlässlicher und mit der nötigen Vorlaufzeit eingeführter Gesetzesrahmen notwendig."

Vor allem die Kurzfristigkeit der Quotenpläne stößt allen auf. "Das ist schon krass", sagt ein Experte. Auch wenn eingeräumt wird, dass deutsche Autobauer bei der E-Mobilität vielleicht nicht immer Vollgas gefahren sind, werden doch realistische Übergangsfristen gefordert - oder Möglichkeiten, Vorgaben auch später rückwirkend zu erfüllen.

Es ist ein kompliziertes Punktesystem, je nach Antriebsart oder Reichweite. Schmerzhaft wird es, wenn die Quote nicht erfüllt wird. Dann muss der Hersteller die Produktion herkömmlicher Autos sogar drosseln oder Kreditpunkte von anderen kaufen. So kann es kommen, dass deutsche Autobauer ihre chinesische Konkurrenz fördern müssen.

Sorge gibt es auch über unfreiwilligen Technologietransfer. Heute müssen Autobauer schon eine von drei Kernkompetenzen an den Joint Venture-Partner übertragen, ohne den ohnehin keiner in China produzieren kann. Um lokal produzieren zu dürfen, sollen es künftig alle drei sein. "Wenn das Gesetz so kommt, läuft das auf erzwungenen, kompletten Technologietransfer hin", sagt ein Branchenkenner.

Nach seinen Gesprächen vergangene Woche in Peking mit Industrieminister Miao Wei hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) aber das Gefühl, dass der vorliegende Entwurf nicht so scharf zu einem Gesetz umgewandelt wird, wie es befürchtet wird. "Wir wissen, dass bei solchen Prozessen, die noch nicht im Gesetzbuch stehen, noch viel Einflussmöglichkeiten bestehen", sagte Gabriel.

Die Chinesen greifen nach deutscher Hochtechnologie.
Die Chinesen greifen nach deutscher Hochtechnologie.
Foto: BMW AG

Bei allem Elan fehlt es in China auch noch an vielen Voraussetzungen. Viele Chinesen haben keine Garage oder Lademöglichkeit. Es fehlt an Ladestationen, wo E-Autos auch schnell wieder flott gemacht werden. Auch wenn die Luftverschmutzung ein wichtiges Motiv für E-Autos ist, kommt der Strom auch in Zukunft weiter zu zwei Drittel aus Kohle.

Und was ist, wenn wie angekündigt 2020 die Subventionen wegfallen, die heute in einigen Städten bis zu 110000 Yuan, umgerechnet 15000 Euro, ausmachen? Dann bleiben immerhin noch die Anreize wie beschleunigte Nummernschilder, die in Peking etwa nur über eine Lotterie vergeben werden - und jahrelang oder vergeblich auf sich warten lassen. In Shanghai lassen sie sich über eine Auktion ersteigern, kosten dann aber leicht so viel wie das Auto selbst.

"Nicht nur ausländische, sondern auch chinesische Hersteller sind noch nicht bereit, weil der Markt noch nicht reif ist", sagt Jia Xinguang, Chefanalyst der Beratungsfirma China Vehicle Consulting and Development Company. Die technischen Hürden könnten erst in zehn Jahren überwunden werden: "Ein Elektrofahrzeug ist nur wettbewerbsfähig, wenn sich die Batteriereichweite verdoppelt und der Preis halbiert." (dpa/rs)

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