Hamburger IT-Strategietage


Hamburger IT-Strategietage 2015

CIOs, lernt Nein zu sagen!



Rainer Janßen ist CIO der Munich Re.

6. Wir lernen aus der Geschichte

Als die ersten Abteilungsrechner von Digital (DEC) aufkamen, haben die Fachabteilungen Hurra geschrien, da sie sich jetzt von der Knechtschaft der zentralen IT befreien konnten und kauften sich das Zeug an der zentralen IT vorbei. Irgendwann wuchs es ihnen über den Kopf und es sollte wieder in die zentrale IT übernommen werden. Dann kamen die PCs, dann die auf Excel und Access basierte und durch den Enduser betriebene Anwendungsentwicklung, jetzt die unkontrollierte Nutzung von Cloud-Services an jedem Einkauf und der zentralen IT vorbei. Jedes Mal wieder das gleiche Theater!

Oder Einführungsprojekte von Standardsoftware. In allen Unternehmen liegen reichhaltige Erfahrungen vor, was das Abweichen vom Standard kostet, dass man sich, seine Organisation, seine Prozesse dem Standard anpassen muss, um zu einer kostengünstigen und wartbaren Lösung zu kommen. Aber trotzdem entarten diese ProjekteProjekte immer wieder zu monströsen Eigenentwicklungsprojekten, die den Standard bis zur Unkenntlichkeit entstellen. Alles zu Projekte auf CIO.de

Selbst bei der Technologieentwicklung vergessen wir immer wieder mal gerne die Lektionen der Vergangenheit. Wenn wir uns den heutigen Stand der Virtualisierungskonzepte anschauen, dann haben wir gut dreißig Jahre nach Einführung des PC diesem endlich wieder die altbekannten und doch eben wichtigen Managementkonzepte aus den guten alten Mainframezeiten übergestülpt. Was man jetzt endlich wieder zur Verfügung stellt, war die explizite Grundlage des Betriebssystems VM (Virtual Machine, von IBM in den 80ern)!

Die Reihe der Beispiele ließe sich beliebig fortsetzen und man fragt sich: Muss das sein? Vielleicht muss ja jedes Kind sich irgendwann mal am Herd die Finger verbrennen, aber wir sind ja noch viel schlimmer. Wir verbrennen uns nicht nur die Finger, obwohl wir als Erwachsene eigentlich in der Lage sein müssten aus den Erfahrungen anderer zu lernen, sondern wir verbrennen uns immer wieder die Hände am gleichen Herd. Ein weiser IBM Kollege hat es vor langer Zeit auf den Punkt gebracht: "And with amused resignation they ever repeat, what they know will fail!" Diese Wiederholung der immer gleichen Fehler macht auf Dauer müde und zynisch, weil es im Grunde so unnötig ist.

Vielleicht hängt es aber auch mit dem Hype zusammen, der gerade bei IT um den Generationenwechsel gemacht wird. Wenn man postuliert, dass das Leben in der Welt der Millennium Kids, der Generationen X,Y,Z (bald dann alpha, beta,, ..?) so vollkommen anders, setzt dann vielleicht eine Art Blockade ein, die es nicht mehr zulässt, Erfahrungen aus der Vergangenheit in die Zukunft zu transportieren.

Als alter Sack und einem langen Berufsleben in diesem Geschäft kann ich Ihnen versichern, dass sich an den grundlegenden Mustern des Versagens in unheimlich vielen Projekten, Softwareprojekten, IT Managementproblemen nicht sehr viel geändert hat. Die Leute fahren immer wieder auf die gleiche Weise gegen die gleichen Bäume und wenn möglich, schalten Sie vorher noch ESP und Airbag aus und schnallen den Gurt ab!

7. IT Unternehmen lernen selber mit IT Innovation umzugehen

Mit IT umgehen lernen, bedeutet immer auch mit Innovation umgehen lernen. Die IT wird auf absehbare Zeit ein wesentlicher Treiber der Veränderung von Arbeitswelt und Geschäftswelt sein. Daraus leiten die IT Unternehmen den Anspruch ab, andere Industrien im Umgang mit Innovation beraten zu wollen.

Tatsache ist aber, dass gerade die IT Industrie sehr schlecht im Verdauen von Innovationssprüngen ist. SiemensSiemens hat die Telekommunikation quasi erfunden und sich vollständig von dem Geschäft verabschiedet, IBM hat den Mainframe erfunden, aber danach keine wesentliche Technologie mehr geprägt, Digital hat den Abteilungsrechner erfunden und ist ebenso vom Markt verschwunden wie Nixdorf, Compaq und Nokia. Top-500-Firmenprofil für Siemens

Und auch die aktuell noch dominierenden Anführer haben große Probleme, in neue Felder hineinzukommen, wie man an dem schier endlosen Weg von MicrosoftMicrosoft in die mobile Welt oder an SAPs Weg in den Mittelstand (oder einfache Benutzerschnittstelle oder moderne Entwicklungsumgebung oder Enterprise OSA) sieht. Und auch bei der nächsten Generation von IT Unternehmen gibt es schon erste Wackelkandidaten. Alles zu Microsoft auf CIO.de

Zugegeben, die IT Branche hat es vielleicht noch etwas schwerer als der Rest, denn man kämpft nicht nur mit den normalen Steuerungskonflikten, wie sie Christensen in dem Buch "Innovator's Dilemma" beschrieben hat. Oft wurden sie ja von einem charismatischen und sturen Gründer aufgebaut, dessen Charisma und Sturheit sie genauso in den Abgrund führen. Aber grundsätzlich klaffen hier Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander, dass der Branche ein wenig mehr Bescheidenheit in der Selbstdarstellung gut anstehen würde.

8. Software Engineering wird eine professionelle Ingenieurswissenschaft

Wenn irgendwo ein Hochhaus oder eine große Brücke gebaut wird, dann ist es selbstverständlich, dass die Statik von einem staatlich ausgebildeten und zertifizierten Experten abgenommen wird. Entwirft und baut ein Architekt ein Gebäude, dann darf hinterher nicht jeder daran beliebig rumbasteln und das Anfangskonzept verschandeln. Und wenn der Architekt des Münchener Olympiastadiums von dem Umbauentwurf nicht überzeugt werden kann, dann baut man eben die Allianz-Arena.

Und auch VersicherungenVersicherungen dürfen nicht von jedem daher gelaufenen Mathematiker, Statistiker oder BWLer konzipiert werden. Dazu bedarf es einer besonderen Aktuarsausbildung und der Chef-Aktuar muss eine besonders herausgehobene Stellung im Unternehmen haben, damit seine Expertenmeinung nicht durch die Hierarchie unterdrückt werden kann. Top-Firmen der Branche Versicherungen

Zur Startseite