Von der Fußgängerzone bis zum Onlineshop

Corona verändert den Handel

12.10.2020
Die Corona-Pandemie hat den Einzelhandel durcheinandergewirbelt. Ein halbes Jahr nach der Wiedereröffnung der Geschäfte zeichnen sich Gewinner und Verlierer ab. Überraschend ist, wie sich das Virus auf viele Toplagen in den Innenstädten auswirkt.

Die Corona-Pandemie verändert den deutschen Einzelhandel wie keine andere Krise der vergangenen Jahrzehnte. Der Internethandel boomt, viele Fußgängerzonen und Shopping-Center sind dagegen deutlich leerer als vor einem Jahr. Während Lebensmittelhandel und Baumärkte Umsatzrekorde verzeichnen, bleiben in Modegeschäften die Kunden aus. Für den Geschäftsführer der Handelsberatung BBE, Joachim Stumpf, steht deshalb fest: "Corona ist ein großer Beschleuniger des Strukturwandels im Einzelhandel."

Beispiel Textilien: Dem Modehandel in den Fußgängerzonen ging es schon vor der Pandemie nicht gut. In den Corona-Krise gehörte er dann zu den ganz großen Verlierern. Die Branche habe seit dem Shutdown im März "mit den größten wirtschaftlichen Herausforderungen seit Bestehen der Bundesrepublik zu kämpfen", urteilt das Branchen-Fachblatt "Textilwirtschaft". Die Umsätze der stationären Händler lägen auch im September noch um 18 Prozent unter dem Vorjahreswert. "Es wird noch über 2021 hinaus dauern, bis das Vorkrisenniveau wieder erreicht wird", glaubt Stumpf.

Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer des E-Commerce-Verbandes bevh: "Obwohl seit Juli 2020 alle Läden wieder geöffnet haben, verlassen sich viele Verbraucher weiter auf die belastbaren Lieferstrukturen des Online- und Versandhandels."
Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer des E-Commerce-Verbandes bevh: "Obwohl seit Juli 2020 alle Läden wieder geöffnet haben, verlassen sich viele Verbraucher weiter auf die belastbaren Lieferstrukturen des Online- und Versandhandels."
Foto: bevh

Und mit den Textilhändlern leiden die Innenstädte. Das Verblüffende dabei: Besonders hart trifft es zurzeit die sonst sehr gut frequentierten Toplagen in den Metropolen und die Shopping-Center. Einkaufsstraßen in kleineren Städten und nüchterne Fachmarktzentren haben sich dagegen viel besser von der Krise erholt.

Corona hat in den Innenstädten alles durcheinandergewirbelt

"Corona hat in den Innenstädten alles durcheinandergewirbelt", meint Stumpf. Das Erfolgsrezept der Toplagen, die in normalen Zeiten Kunden von weit her anlocken und einen großen Teil der Umsätze mit Touristen machen, funktioniere aktuell nicht mehr. Dagegen hätten sich vermeintliche Problemstandorte in kleineren Städten, die in den vergangenen Jahren regelmäßig zu den Verlierern gehörten, rasch von dem Corona-Schock erholt. Sie profitierten davon, dass die Verbraucher das Getümmel mieden.

Auch viele Shopping-Center gehören zu den Opfern der Krise, wie Joachim Will, Inhaber des Wiesbadener Beratungsunternehmens Ecostra, betont. "Ihnen macht die Maskenpflicht zu schaffen - und die Tatsache, dass viele Verbraucher deshalb den Aufenthalt in geschlossenen Räume möglichst kurz halten." Einige Shopping-Center werden die Krise nicht überleben, ist Will überzeugt.

Zu den Gewinnern im Corona-Durcheinander gehört dagegen der stationäre Lebensmittelhandel. Edeka, Rewe und Co. profitierten nicht nur davon, dass ihre Geschäfte während des Lockdowns geöffnet blieben, sondern auch davon, dass wegen Homeoffice, Kurzarbeit und Ansteckungsangst auch danach mehr zuhause gegessen wurde. Insgesamt lagen die Umsätze im Lebensmittelhandel nach Berechnungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in den ersten acht Monaten um rund zwölf Prozent über dem Vorjahresniveau.

Allerdings scheint sich die Situation hier allmählich zu normalisieren. Nach den zweistelligen Wachstumsraten der Vormonate lag das Umsatzplus im August 2020 nur noch bei vergleichsweise bescheidenen 2 Prozent. "Das Raumschiff ist gelandet, die Erde hat den Lebensmittelhandel wieder", beschrieb der GfK-Handelsexperte Robert Kecskes in einer aktuellen Marktstudie den Trend.

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