Pricing digitaler Produkte

CRM-Strategien für die Preisbildung - Teil 1

09.10.2006
Von Mark Heitmann, Florian Stahl und Andreas Herrmann

Derartige Lock-in-Effekte lassen sich selbst bei kostenfreien Nachrichtenportalen im Internet wie SPIEGEL Online oder FAZ.net empirisch nachweisen, wodurch sich ein Teil der Umsätze der Portale mit kostenpflichtigen digitalen Inhalten erklären lässt.

Preisstrategie 2: Kennenlernpreise anbieten

Ist es nicht möglich, Netz- und Lockin-Effekte zu nutzen, kann das Management Kaufwiderstände durch einen vergleichsweise niedrigen Preis für den Erstkauf reduzieren. So bietet der Nachrichtenkanal N-TV im Internet seine Informationen rund um Geldanlage, Aktienempfehlungen oder Branchenanalysen zu einem einmaligen Kennenlernpreis von 1,20 Euro an. Bei wiederholtem Abruf kosten die Informationen dann 2,20 Euro. Beim Folgekauf kennen die Konsumenten bereits die Qualität des Produkts und sind eher bereit, einen höheren Preis zu bezahlen.

Preisstrategie 3: Qualitative Differenzierung nutzen

Bei der qualitativen Differenzierung von digitalen Gütern, auch Versionierung genannt, gestaltet das Management zu geringen Kosten mehrere Produktlinien. Bei klassischen Informations- und Mediengütern wie Print-, Audio- oder Videoprodukten bietet sich nur die zeitliche Differenzierung an: etwa wenn ein Film nacheinander im Kino, auf DVD, im Bezahlfernsehen und schließlich im kostenlosen, werbefinanzierten Fernsehen veröffentlicht wird. Um ein Produkt qualitativ zu differenzieren, sollte das Management folgende Aspekte beachten:

  • die Nutzungsflexibilität des Angebots (die Anzahl Kopien, die ein Kunde von einer gekauften Musikdatei auf verschiedenen Computern oder CDs erstellen darf),

  • den Umfang des Angebots (Funktionsvielfalt einer Software oder die Länge einer SMS),

  • das Format des Angebots (eine Marktstudie im PDF-Format, wobei der Anbieter das Kopieren von Teilen der Studie oder das Ausdrucken erlauben oder verbieten kann),

  • die Qualität des Angebots (Qualität einer Musikdatei oder die Auflösung eines gekauften digitalen Fotos).

Die qualitative Differenzierung führt nur unter einer Bedingung zu einer Steigerung der Nachfrage: Das Management muss jene Produkteigenschaften berücksichtigen, die für den Kunden besonders wichtig sind - die sich aber auch deutlich voneinander unterscheiden lassen. Bei MP3-Dateien ist das die Qualität der Musikkomprimierung. Sie wirkt sich direkt auf den Hörgenuss aus. Anbieter digitaler Musikportale können diese wertbildende Produkteigenschaft zur Gestaltung von Produktlinien nutzen und beispielsweise drei verschiedene Versionen des gleichen Songs mit unterschiedlicher Komprimierung der MP3-Datei zu unterschiedlichen Preisen anbieten.

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