Standardlösungen im Aufbau

Das Fundament wird gelegt

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Von der Grundstücksbeschaffung bis zum Facility-Management – die Baubranche setzt auf erweiterte Angebote. Und braucht dafür mehr IT.

Heinrich Weitz muss ein bisschen grinsen. "Wir sind wohl die ,Old Economy‘ im Land", sagt der Abteilungsleiter Volkwirtschaftliche Grundfragen beim Hauptverband der Deutschen BauindustrieBauindustrie in Berlin. "IT?“ Da sei man "nicht sehr affin“. Ein Blick auf die Zahlen scheint das zu bestätigen: Laut Jakov Cavar, Senior Consultant beim Berater Pierre Audoin Consultants (PAC), stellt die Baubranche in Sachen IT das kleinste Segment in der Bundesrepublik dar und verzeichnet die geringsten Pro-Kopf-Ausgaben. Dennoch: Zumindest die großen Player wie Bilfinger Berger, Hochtief und Heidelberg Cement geben Zukunftsperspektiven vor. Statt "nur" zu bauen, bieten sie eine ganze Kette von Dienstleistungen rund um die Immobilie an. Und das wird in diesem Jahr – wenn auch in niedrigen absoluten Zahlen – ein Wachstum von vier bis fünf Prozent für die IT ermöglichen. Top-Firmen der Branche Bauindustrie

Hintergrund dieses Trends ist der Versuch der Baubranche, von der ständigen Jagd nach dem nächsten Auftrag wegzukommen. Wer kann, bietet heute Unterstützung bei der Grundstücksbeschaffung und Finanzierung an, baut die Immobilie und klinkt sich dann dauerhaft in Vermietung oder Facility-Management ein. Unter dem Stichwort Public-Private-Partnership wird diese Entwicklung zum Beispiel bei Schulen oder im Straßenbau besonders von finanzschwachen Kommunen gern gesehen. „Damit wächst der Stellenwert der IT in der Bauindustrie“, sagt PAC-Analyst Jakov Cavar. Die IT muss auf die neuen Geschäftsfelder ausgerichtet werden, ein Markt für neue Anwendungen entsteht. Dennoch stellt Cavar eine verhaltene Prognose: "Auch wenn der Markt in diesem Bereich um einige Prozent wachsen wird, erwarte ich bei den Gesamt-IT-Ausgaben in der Sparte Bau eine Stagnation." Für 2006 rechnet er mit einer Summe von rund 300 Millionen Euro für Software und IT-Services.

Denn die überwiegende Mehrheit der 70.000 Unternehmen der deutschen Bauindustrie besteht aus Ein- bis Zwanzig-Mann-Firmen, die häufig eng spezialisiert sind, zum Beispiel auf das Liefern von Betonfertigteilen. Während die wenigen großen Player immer schon mindestens CAD-gestützte Ingenieurlösungen und Verwaltungssoftware im Einsatz hatten, fehlt bei den wackeren Kleinbetrieben sogar das. Die Entwicklung zum umfassenden Dienstleister können sie nicht stemmen – und mit der ost-erweiterten EU dürfte sich ihre Lage noch verschärfen, weil immer mehr Konkurrenz mitmischt.

Bleibt die Konzentration auf die Großen. Bilfinger Berger und Hochtief gelten für PAC-Analyst Cavar als Positiv-Beispiele. Bilfinger Berger hat die IT an die Tochter bebit Informationstechnik ausgelagert, Hochtief die gesamte SAP-Betreuung outgesourct. „Sie können nicht sagen, das seien konservative Unternehmen“, so Cavar.

"Die Wichtigkeit der IT wird in der Branche zunehmend erkannt", sagt denn auch Peter Buchmüller, CIO bei Bilfinger Berger. Stichwort Zentralisierung: Sein Unternehmen, bisher eher dezentral organisiert, identifiziert und klassifiziert derzeit Bereiche, die künftig zentralisiert werden sollen. Das sei ein Balanceakt, sagt der CIO: "Die Vorteile einer zentralisierten IT sehen wir in den Punkten Kosten und Sicherheit. Der Vorteil einer dezentralisierten IT besteht darin, dass sich unternehmerisches Denken und Verantwortungsgefühl auch im operativen Bereich durchsetzen."

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