Safe Harbor Abkommen


// Folgen des EuGH-Urteils

Meinungen zum EuGH-Urteil

Das sagen Redakteure zum Aus von Safe Harbor

Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.
Jan Bernd Meyer
Jan Bernd Meyer
Foto: Joachim Wendler

Jan Bernd Meyer, Leitender Redakteur
Es ist interessant, wie sich die Reaktionen zum EuGH-Urteil in zwei Lager teilen lassen:

Hier diejenigen, die die Datensammelleidenschaft von Behörden, Geheimdiensten und Nationen mit viel Skepsis und Argwohn verfolgt haben - eine bunte Mischung aus Datenschützern, Non-Profit-Organisationen, ehemaligen Bundesjustizministerinnen etc. Dort diejenigen, die im transnationalen Datenfluss die nicht verhandelbare Voraussetzung für weltweiten Handel sehen und entsprechend das im Jahr 2000 geschlossene Safe-Harbor-Abkommen als Sesam öffne Dich für Wachstum, Wohlstand und mehr Arbeitsplätze. Nicht überraschend finden sich hier etwa der Bitkom als Vertreter mittelständischer IT-Unternehmen oder auch der BDI.

An den Reaktionen zum EuGH-Urteil zeigt sich - wie übrigens auch an der Flüchtlings- oder der umstrittenen TTIP/CETA-Thematik - etwas Spannendes: Gesellschaften überall auf der Welt stehen vor Entscheidungen, die gravierendere Auswirkungen haben auf die Art und Weise, wie Nationen mit- und untereinander agieren - letztlich somit auch, wie sie in Zukunft leben wollen unter einem bestimmten Gesellschafts- und Wirtschaftssystem. Die Entscheidungen, die heute weltweit verhandelt werden, dürften die Lebensverhältnisse überall auf der Welt gravierender verändern, als die allermeisten Ausrichtungen der Vergangenheit.

Vordergründig ging es bei dem EuGH-Urteil um die juristische Frage, ob im internationalen Datenfluss das Safe-Harbor-Abkommen auf beiden Seiten des Atlantik ein "angemessenes Schutzniveau" für die ausgetauschten Daten bietet. Die Richter haben diese Frage mit Blick auf die behördlichen Usancen in den USA und besonders unter Verweis auf die NSA-Praktiken mit überwältigender Mehrheit (lediglich eine Gegenstimme) verneint. Die Entscheidung des europäischen Gerichtshofs steht dabei in einer Reihe bemerkenswerter Urteile in dessen jüngerer Vergangenheit: Neben dem Schiedsspruch vom Dienstag müssen hier die justiziabel gewordenen Entscheidungen zu Google (Recht auf Vergessenwerden) und zur Vorratsdatenrichtlinie genannt werden.

Urteil mit Signalwirkung

Jedes Mal haben die Richter eine Stellung bezogen, die der der politischen Ebene zuwiderlief. Ein ähnliches Phänomen kann man auch in der Bundesrepublik beobachten, wo das Bundesverfassungsgericht die Berliner Politik immer mal wieder in die Schranken weisen. Nun aber betrifft es nicht nationales Recht, sondern die EuGH-Richter nehmen Einfluss auf die Art und Weise, wie die internationale Wirtschaft funktioniert - und wie eben nicht. Das hier ein fundamentales Urteil gefällt wurde, zeigt auch die Aussage des Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar, der mit den Worten zitiert wird, nach diesem Urteil werde es ganz schwer, den Datenfluss in die USA über andere Instrumente aufrechtzuerhalten.

Hintergründig stellen die EuGH-Richter damit also auch die Frage, wie Nationen und Gesellschaften in Zukunft miteinander verkehren wollen. Und sie fragen indirekt, welches Primat welcher Gesellschaftsform künftig vorherrschend sein soll.

Hier ist das EUGH-Urteil eine starke Stimme. Deshalb verbreitete sich der Richterspruch aus Brüssel wie Donnerhall in der gesamten westlichen Welt. Die EuGH-Entscheidung könnte Signalwirkung haben für andere transnationale Verhandlungen. Welche Auswirkungen sie hat, ist dabei noch völlig unklar.

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