Kunden und IT Provider

Das Tier-Pricing-Modell im Outsourcing

Jürgen Bonn schreibt als Experte zu den Themen IT-Strategie & IT Governance sowie IT Sourcing. Er ist Geschäftsführer der Ardour Consulting Group, einer auf IT Sourcing Advisory Services spezialisierten Management Beratung. In seiner aktuellen, sowie früheren Positionen bei Diebold, Deloitte und der alfabet AG hat er über einen Zeitraum von über 20 Jahren in vielen Projekten seine Erfahrungen einbringen können.
Für Managed-Service-Verträge, die durch die Alleinverantwortlichkeit des IT Providers für die Service-Erbringung charakterisiert sind, ist ein Preismodell, das die Kostenstrukturen der IT Provider stützt, das A und O.

Einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren im OutsourcingOutsourcing ist die Festlegung eines adäquaten Preismodells, wobei hier - insbesondere im Umfeld des Application Managements - immer häufiger das sogenannte Tier Pricing zum Einsatz kommt. Alles zu Outsourcing auf CIO.de

Tier Pricing (auch Tiered Pricing) bezeichnet ein mengenabhängiges Preismodell, welches in Stufen beziehungsweise Schichten abgebildet wird. Das Tier Pricing ermöglicht es, Skalen- und Lerneffekte per Lernkurve im Preismodell abzubilden, wobei niedrige Mengen höhere Stückpreise und höhere Mengen niedrigere Stückpreise besitzen.

Ein wesentlicher Bestandteil des Outsourcing sind die Preisverhandlungen mit dem IT Provider.
Ein wesentlicher Bestandteil des Outsourcing sind die Preisverhandlungen mit dem IT Provider.
Foto: Manczurov_shutterstock.com

Im Tier Pricing sind zwei Modelle in der Praxis üblich:

  • Total Volume Tier Pricing: Bei Überschreitung eines Schwellenwerts gilt für die gesamte Menge ein neuer Preis (sh. Abbildung 1).

Abb. 1: Beispiel Total Volume Tier Pricing
Abb. 1: Beispiel Total Volume Tier Pricing
Foto: Ardour Consulting Group GmbH
  • Incremental Volume Tier Pricing: Bei Überschreitung eines Schwellenwerts (obere Tier Boundary) gilt für jedes Element über diesem Schwellenwert ein neuer Preis (sh. Abbildung 2).

Abb. 2: Beispiel Incremental Volume Tier Pricing
Abb. 2: Beispiel Incremental Volume Tier Pricing
Foto: Ardour Consulting Group GmbH

Die Definition, wie die Preise bestimmt werden, ist also essenziell, um unterschiedliche Interpretationen zu vermeiden.

Die Vorteile des Tier Pricing

Das Tier Pricing leistet einen Beitrag zur Risikominimierung sowohl für den IT Provider als auch für den Leistungsnehmer. Für den IT Provider, da er seine Anschaffungs- und Gemeinkosten auch bei Abnahme niedriger Mengen absichern kann und vergütet bekommt. Für den Leistungsnehmer, da bei hohen Abnahmemengen nicht zu hohe Stückkosten gezahlt werden.

Es ist damit insgesamt ein faires und transparentes Preismodell, da sich die Kostenstrukturen der IT Provider sehr gut abbilden lassen. Erst werden die Fixkosten vergütet, dann die Grenzkosten. Es werden somit auch keine Fixkosten bei höheren Abnahmemengen proportionalisiert.
Folglich sind weniger Preisverhandlungen notwendig, da Preise für eine große beziehungsweise die gesamte Mengenbandbreite definiert sind - theoretisch bis auf die Abnahmemenge null.
Die Tiers bilden darüber hinaus die Shoring-Modelle (Tiers 0 + 1 Onsite & Onshore und höhere Tiers Nearshore & OffshoreOffshore) gut ab. Alles zu Offshore auf CIO.de

Das Tier Pricing ist ideal für Managed Services, da dem IT Provider Anreize gegeben werden, Kosten durch kontinuierliche Verbesserung über die Zeit etc. einzusparen. Der Kunde zahlt nicht für die Ineffizienzen des IT Providers.

Die Nachteile des Tier Pricing

Im Verhältnis zu den oben genannten Vorteilen, halten sich die Nachteile des Tier Pricings in Grenzen.
Bei sinkender Nachfrage steigt der Stückpreis über die gesamte Menge (Blended Unit Rate), also der durchschnittliche Stückpreis. Dies kann von Nachteil sein, wenn die Nachfrage durch mehrere Interessengemeinschaften, die Services konsumieren, beeinflusst wird. Vor allem dann, wenn die Menge wieder unter den Schwellwert des aktuellen Tiers sinkt, insbesondere beim Total Volume Tier Pricing.

Gleichzeitig besteht ein erhöhter Aufwand bei der Budgetierung bei mehreren Interessengemeinschaften, da die mutmaßlich zu erreichende Staffel ebenfalls geplant werden muss.

Praxiserfahrungen

So positiv sich die Methode des Tier Pricings auch anhört, es müssen einige Aspekte berücksichtigt werden, damit dieser Ansatz auch die erwarteten Effekte erzielt.

Tiers müssen einerseits die Spielräume der Nachfrage abdecken und sich andererseits an den Kostentreibern orientieren. Es zeigt sich allerdings, dass sowohl IT Provider als auch die Kunden teilweise Schwierigkeiten haben, sinnvolle Tiers zu bilden, da die Erfahrungen fehlen und die eigentlichen Kostentreiber oftmals nicht bekannt sind.
Man muss sich gut mit der Preisbildung von Services auseinandersetzen, um sinnvolle Tiers zu erhalten. Daher sind die Tiers je nach Leistungsgegenstand kunden- und serviceindividuell festzulegen.

In der Praxis haben sich fünf Tiers bewährt (Tier 0 bis Tier 4), wobei sich die Baseline - also das Anfangsvolumen eines Services - meist in der Mitte im Tier 2 befindet. Die unteren Tiers 0 und 1 dienen primär dazu, die Fixkosten des IT-Dienstleisters zu decken. Das oberste Tier sollte schließlich bei der Grenzproduktivität angesetzt werden, da für alle höheren Mengen keine weiteren Skaleneffekte zu erwarten sind.

Werden diese Punkte berücksichtigt, können die vorhandenen Wertschöpfungsstufen und Kostenstrukturen des IT Providers in ein für alle Parteien zielführendes und kostengünstiges Preismodell eingebracht werden, das darüber hinaus noch eine gute Flexibilität und Skalierbarkeit ermöglicht.

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