Reinhard Posch

Der Chef der Staats-IT

03.02.2003
Von Marita Vogel

Auf der anderen Seite ärgerte es ihn schon, als der Industriepolitikbereichsleiter der mächtigen Industriellenvereinigung, Erhard Fürst, kurz vor der Nationalratswahl im November einen "Mister E-Government" forderte und zugleich betonte, dass Posch diese Funktion nicht erfülle. Doch dann wiegelte Posch ab, um schmunzelnd zu betonen, dass das sicher nicht ernst gemeint gewesen sei.

Wäre die Ernennung eines IT- oder eben E-Business-Ministers nicht effektiver?

Überhaupt nicht. Das hieße, die Verantwortung in einem Ressort zu konzentrieren. Unsere jetzige Lösung bedeutet, jenseits aller Ministerien zu stehen und so in allen Ressorts aktiv werden zu können. Das ist sinnvoller.

Durch diese Lösung werden IT-Maßnahmen auch nicht von Posch geplant, durchgeführt und finanziert, sondern vom jeweiligen Ministeriums-CIO. Offenbar ist dem CIO diese Distanz sehr recht, denn als Behördenmitarbeiter sieht sich der teilweise freigestellte Institutsleiter der Universität Graz keineswegs. Es reizt ihn, "etwas mehr Flexibilität und Dynamik in die Verwaltung zu bringen". Entsprechend motivierte Mitarbeiter hat er auch gefunden; bewerben konnte sich jeder, unabhängig vom Dienstgrad. "Dadurch ist es uns gelungen, dass die Arbeitsgruppen relativ unkonventionell funktionieren - ohne Hierarchien oder Extras wie DienstwagenDienstwagen", sagt Posch. Alles zu Dienstwagen auf CIO.de

Wenn dieser Geist irgendwann nicht mehr herrscht, wird Posch gehen. "Ich mache diesen Job sehr gern - unter der Voraussetzung, dass dieses Setup aus Dynamik und Motivation auch erhalten bleibt. Das hat bislangsehr gut funktioniert", schwärmt er. Sein Vertrag mit der Regierung läuft zunächst bis 2005. Bis dahin hat er seine Verpflichtung an der Uni Graz zurückgestellt, wo er dennoch einmal wöchentlich ist. Denn auch sein Job als Institutsleiter bedeutet ihm viel.

Weiterführende Informationen
Homepage des Chief Information Office in Wien

Bürgerkarte in der Kritik:
Bei der österreichischen "Bürgerkarte" handelt es sich um ein Konzept, in das alle Karten eingebunden werden können, die die qualifizierte elektronische Signatur ermöglichen (wie beispielsweise auch die bisherige Sozialversicherungskarte). Diese Karten werden mit einer Personenbindungs-Funktion (ein Identifikationsmerkmal wie etwa eine Registernummer, wird von der Behörde ausgegeben) ausgestattet; dadurch können etliche Amtswege online erledigt werden. Eine der ersten Anwendungen ist seit Jahresanfang 2003 die Ausstellung von Strafregisterauszügen, die Unternehmen bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen benötigen. Ab Jahresmitte sollen Steuererklärung und Stipendienabwicklung via Internet dazukommen. An Kosten fallen derzeit einmalig 30 Euro für die Karte, zwölf Euro für die Registrierung und rund 40 Euro für das notwendige Lesegerät an. Dazu kommt eine Jahresgebühr von 18 Euro. Die Ausstellung der erweiterten Bürgerkarte ist freiwillig. Kritik kommt von Datenschützern, der Arbeiterkammer und der Opposition: Sie befürchten, dass durch gleichartige Schnittstellen in den Behörden der übergreifende Datenaustausch ungehindert fließen könne. Die Karte, die viele Funktionen vereine, vereinfache die Überwachung drastisch und entziehe gleichzeitig den Bürgern die Kontrolle über ihre Daten. Zudem seien die Gebühren für Bürger, die vielleicht alle zwei Jahre einmal online-fähige Verwaltungsvorgänge nutzen, deutlich zu hoch, kritisiert die Österreichische Gesellschaft für DatenschutzDatenschutz. Die notwendige Verbreitung werde so nicht erreicht. Für Posch ist das nicht nachvollziehbar: "Alle Datenschutzrichtlinien werden streng eingehalten. Wir wollen die gläserne Behörde, nicht den gläsernen Bürger." Alles zu Datenschutz auf CIO.de

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