Analysten-Kolumne

Der indische Tiger kämpft mit seinem Erfolg

Pascal Matzke ist Vice President & Research Director bei Forrester Research.

Indische Anbieter berichten, dass allein die Gehälter durchschnittlich um 15 bis 20 Prozent zugelegt haben. Dies führt selbstverständlich zu einer signifikanten Abnahme der Profitmargen von etwa 45 Prozent im Jahr 2000 auf aktuell zwischen 25 bis 30 Prozent. In manchen Bereichen sind sie sogar schon auf unter 20 Prozent gesunken. Zahlreiche Unternehmen reagieren auf die Herausforderung mit der Anhebung der Preise für Services und Beratung. Bei diesem Schritt müssen sie aber sehr genau und sensibel die Kundenerwartungen beobachten. Das Indienbild der Entscheider in den Industrieländern ist nach wie vor vom Image der günstigen Offshoring-Anbieter geprägt.

Mitarbeiterfluktuation belasten Kundenbeziehungen

Neben der Gehaltsinflation kämpfen indische Unternehmen zunehmend mit einer stetig wachsenden Mitarbeiterfluktuation. Obwohl indische Universitäten jährlich etwa 300.000 IT-Ingenieure und Programmierer ausbilden, hat die Wechselrate im IT-Sektor inzwischen 30 bis 35 Prozent erreicht. Auch wenn es den Anschein hat, dass die meisten bekannten Anbieter - allein schon aufgrund ihres Namens und den Karrierechancen - von diesem Trend kaum betroffen sind, spüren die Kunden dennoch erhebliche Auswirkungen.

So berichtete ein Klient den Analysten von Forrester, dass der für sein Projekt verantwortliche Manager bei seinem indischen Dienstleister binnen der letzten 18 Monate dreimal wechselte. Indische Unternehmen müssen daher die Boni und Leistungsanreize für ihr Senior-Management interessanter gestalten, um dieses enger an sich zu binden. Zum anderen müssen sie mehr in die Anwerbung und Ausbildung junger Mitarbeiter investieren, um deren Entwicklung bei gleichbleibender Qualität zu beschleunigen

Stadtentwicklung als Bremsklotz

Zudem behindern auch städtische Infrastrukturen wie Energieversorgung, Straßen und Flughäfen die Entwicklung. Metropolen wie Bangalore, Chennai, Heiderabat und Mumbai stehen kurz vor dem Kollaps. Diese Tatsache wurde auch vom indischen Präsidenten Abdul Kalam in seinem Grußwort auf der NASSCOM 2006 aufgegriffen. Er forderte die Unternehmen auf, mehr Büros und Tätigkeiten auch in Städte wie Kalkutta oder Puna zu verlagern - aber auch dort wird die urbane Infrastruktur schnell überfordert sein. Hotels, Büros oder Geschäftsräume sind bei weitem noch nicht befriedigend. Ohne Investitionen der Zentralregierung in die urbane Infrastruktur aller großen Städte wird Indien nicht in der Lage sein, das andauernde Wachstum aufrecht zu erhalten.

Mehr Wettbewerb durch globale Dienstleister

Große und globale Dienstleister setzen ihre eigenen Offshoring- / Outsourcing- Ressourcen bislang eher defensiv und zögerlich ein. Dennoch können ihre Markennamen und bestehenden Kundenbeziehungen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil bringen. Insbesondere hinsichtlich der Beziehungen zu den konservativeren Klienten in Europa wirken sich die bestehenden Strukturen und Kontakte positiv aus.

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