Vom Kabelschacht in die Chefetage

Die Geschichte von Cisco

Kriemhilde Klippstätter ist freie Autorin und Coach (SE) in München.

1986: Im Clinch mit Stanford und Kollegen

Cisco-Mitgründerin Sandy Lerner verließ als erste Standford.
Cisco-Mitgründerin Sandy Lerner verließ als erste Standford.
Foto: Cisco

Die Standford-Universität will 1985 den Campus neu vernetzen und dafür nur mehr das Internet Protokoll (IP) nutzen. Das erste Gerät, mit dem das gelingt, nennen die Entwickler nach der Gehäusefarbe "Blue Box". Cisco will das Gerät gerne vermarkten, aber Stanford hält die Rechte daran und verweigert die Zustimmung.

Cisco hatte als erstes Produkt das Netzwerk-Interface "MEIS" (Massbus Ethernet Interface Subsystem) entwickelt, das die 20 DEC-Mainframes von Stanford mit dem Universitätsnetz verbindet. Ab 1986 vermarktet Cisco seinen ersten Multiprotokoll-Router, den "Advanced Gateway Server" AGS. Die Verantwortlichen der Universität bemerken, dass die Cisco-Gruppe um Leonard Bosack ihre privaten Entwicklungen während der Arbeitszeit in Stanford erledigt und sich noch dazu des Knowhows der Universität bedient. Der AGS beruht auf der Blue Box und der Entwicklung von William Yeager, damals Staff Research Engineer von Standfords Medizinfakultät.

Im Juli 1986 überwarf sich dann auch Cisco-Gründer Bosack mit den Kollegen in Stanford.
Im Juli 1986 überwarf sich dann auch Cisco-Gründer Bosack mit den Kollegen in Stanford.
Foto: Cisco

Im Juli 1986 verlassen Bosack und Kirk Lougheed, ebenfalls ein Standford-Mitarbeiter, im Unfrieden die Universität, Sandy Lerner war schon früher gegangen.

Damit begnügt sich die Universität aber nicht, sie will von Cisco Geld sehen und droht sogar mit einem Gerichtsverfahren. Im April 1987 einigt man sich darauf, dass Cisco 19.300 Dollar an die Universität zahlt und dazu noch Lizenzeinnahmen in Höhe von 150.000 Dollar. Zugleich sichert sich Stanford einen Preisnachlass bei der Anschaffung von zukünftigen Cisco-Produkten.

Bis heute äußern sich die damals Beteiligten nur ungern über die genauen Umstände. Softwareentwickler Yeager, der einen Teil der Lizenzeinnahmen erhielt, lieferte einen Großteil davon in seiner Abteilung an der Uni ab und beklagt bis heute, dass er von Cisco kaum öffentliche Wertschätzung für seine Pionierarbeit erfahre.

Leonard Bosack will sich angeblich nie mehr zu den Anfängen von Cisco äußern und Sandy Lerner glaubt, dass es damals ein guter Deal für alle war: "Stanford erhielt Geld und Cisco pflegte das Campus-Internet drei Jahre lang."

Universitätsgranden wie Tom Rindfleisch, damals Chef von Softwareentwickler Yeager, beklagten allerdings vor allem den immateriellen Schaden der Cisco-Erfahrung. Er fürchtet, dass in Zukunft Ideen, Informationen und Entwicklungen, die sich vermarkten lassen, nicht mehr geteilt würden und man so auf dem Campus nicht mehr von der Arbeit der anderen profitieren könne. Die Wissenschaft hatte erneut ihre Unschuld verloren.

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