Healthcare IT


IT verbessert Prozesse kaum

Die Grenzen der IT-Industrialisierung

18.08.2009
Von Hartmut  Wiehr

Die Hersteller der IT-Applikationen beklagen andererseits das Fehlen von Standards, um Standard-Software entwickeln zu können. Deshalb entstehen aus der Zusammenarbeit von Kliniken und IT-Herstellern oft individuelle Lösungen. So entwickelt das Uniklinikum Heidelberg eine Portallösung, um die Kollaboration zwischen niedergelassenen Ärzten und Kliniken zu verbessern, insbesondere um Überweisungen, Einweisungen und Mitbehandlung elektronisch zu unterstützen.

In diesen individuellen IT-Lösungen werden von vielen IT-Verantwortlichen auch Gefahren gesehen – die Kliniken werden zu Testern einer Beta-Version. Healthcare-IT gerät so in die Gefahr, für die Kliniken zu einer Last statt zu einer Hilfe zu werden. So kommt Richard Lenz vom Lehrstuhl für Datenbanksysteme der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg in einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass zwischen dem erkannten Potential der IT und der tatsächlichen Nutzung häufig eine gravierende Diskrepanz besteht.

2. Das falsche Vorbild Industrie

Die Kliniken werden immer wieder aufgefordert, ihre Prozesse so zu verbessern, wie die IndustrieIndustrie es bereits getan hat. Die Beratungsunternehmen Porsche und McKinsey haben die Abteilung Herz- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Freiburg im Jahr 2005 beraten, um die Abläufe zu optimieren. Die „Rezepte“ aus dem industriellen Bereich sind jedoch nur eingeschränkt tauglich: Ein Kanban-System mit Konsignationslager hat in einem Unternehmen wie Porsche mit achtzig und mehr Prozent Materialanteil eine ganz andere Wirkung als in einer Klinik. In einer Klinik sind der größte Kostenblock die Personalausgaben, der Materialanteil ist vergleichsweise gering. Die Industrie kann eine leistungsfähige IT installieren, um den Materialfluss zu optimieren und die Einsparungen rechtfertigen eine teure IT-Applikation. Gleiches ist in einer Klinik nicht möglich. Top-Firmen der Branche Industrie

So ist zwar im Fall einer Hüftoperation der Materialanteil an den Gesamtkosten vergleichsweise hoch mit 21 Prozent für die Hüftprothese, doch das kann nicht verallgemeinert werden. Im Falle einer komplizierten Operation an Kopf oder Hals nach DRG D02A beträgt der Materialanteil dagegen nur 1 Prozent, zusammen mit den Arzneien 6 Prozent. Die Personalkosten betragen jedoch 69 Prozent im Falle dieser komplizierten Rekonstruktion am Kopf, zusammen für ärztlichen Dienst, Pflegedienst und medizinisch-technischen Dienst. Der Kostenanteil der nicht-medizinischen Infrastruktur beträgt 20 Prozent, ähnlich wie im vorher aufgeführten Fall.

Kostenverteilung am Beispiel eines klinischen Falls (komplexe Resektion mit Rekonstruktion an Kopf und Hals): Die Personalkosten machen zwei Drittel aus.
Kostenverteilung am Beispiel eines klinischen Falls (komplexe Resektion mit Rekonstruktion an Kopf und Hals): Die Personalkosten machen zwei Drittel aus.

Das medizinische Wissen hat heute nach Angaben der Cochrane CollaborationCollaboration eine Halbwertszeit von ca. fünf Jahren. Die Behandlungsmethoden selbst werden immer besser und schonen den Patienten immer mehr, die Zahl von Herzoperationen ging zum Beispiel durch interventionelle Kardiologie deutlich zurück. Die Prozesse der medizinischen Leistungen selbst verbessern sich weiter, und die Ergebnisse werden in Leitlinien festgehalten. Diese Leitlinien werden regelmäßig überarbeitet, koordiniert durch die Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Alles zu Collaboration auf CIO.de

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