So entstehen neue Ideen

Die Ideenschmieden von BMW, Edeka, Ergo und Co.

Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Auch Andy Goldstein sieht, dass in klassischen Organisationen "die Agilität oft auf der Strecke bleibt". Der Partner der Firma Deloitte Digital sammelte drei Jahrzehnte lang Erfahrungen beim Gründen, Aufbauen und Führen von Firmen, bevor er Mitgründer und Executive Director des LMU Entrepreneurship Center der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie des "German Accelerator" in München wurde. "Jede Abteilung hat ihre definierten Ziele, jeder Mitarbeiter seine klare Aufgabe und jeder Prozess seine Historie und Berechtigung - in komplexen Organisation ist meist alles so aufeinander abgestimmt, dass Veränderungsenergien wenig Chancen haben."

Goldstein zufolge braucht es klare StrategienStrategien und eine übergreifende Einbindung aller Führungskräfte, Abteilungen und Mitarbeiter. Prozesse, Wissenssilos und Assets müssten analysiert und optimiert werden. "Nur so lassen sich Blockaden und Berührungsängste der Mitarbeiter gegenüber Neuerungen abbauen und jene Agilität fördern, die für den digitalen Wandel innerhalb von Unternehmen nötig ist." Das klingt nach Arbeit - vor allem, wenn man es richtig machen will: "Wichtig ist, Aktionismus möglichst zu vermeiden", fordert Goldstein aus Erfahrung. Alles zu Strategien auf CIO.de

Wie schwierig Veränderungen in der Organisation sind, weiß Oliver Lindner. Der IT-Service-Management-Stratege der Continental AG will "die IT von der Tool- zur Serviceorientierung bringen". Auf dem Weg dorthin erweitert sich die Perspektive vom Produkt zur Systemsicht sowie die Entscheidungsbefugnis und Verantwortung von Linienvorgesetzten oder den technischen IT-Teams in die Prozesse beziehungsweise hin zu neuen Rollen wie dem Service-Owner. Bedenken und Widerstände sind programmiert. "Die Fortentwicklung einer Organisation resultiert nur selten daraus, dass die Zufriedenen zur Veränderung aufrufen", sagt Lindner. "Die Unzufriedenen und Hungrigen haben die Welt verändert."

Standards und mutige Revolutionäre

Um die Komplexität ihrer globalen IT besser zu steuern und nach Möglichkeit zu reduzieren, führte Continental Prozesse, Governance, Architekturstandards und Rollen ein, so Lindner: "Das macht das System vermeintlich statischer, ist aber erst mal nichts Schlechtes. Entscheidend ist, wie viel Bürokratie etabliert wird und wie viele Freiräume bleiben, um die Ziele zu erreichen." Schließlich führten in einem agilen und flexiblen Unternehmen viele Wege zum Ziel. Somit benötigten die Standards auch mutige Revolutionäre, die sie in Frage stellten, wenn das Ziel auf neuen Wegen besser erreicht werden könne.

"Bürokratie muss stets hinterfragt werden, da sich die Umgebung in der IT stets verändert", argumentiert der ITSM-Experte. Mit statischen Regeln sei man auf lange Sicht in komplexen Systemen nicht erfolgreich. "In der Mathematik gibt es die Erkenntnis, dass Systeme dazu neigen, sich selbst zu erhalten, bis sie plötzlich komplett kippen." Folglich bräuchten Unternehmen in der Belegschaft Bewahrer und "Catalysts for Revolution", fordert Lindner. Management und Führungskräfte müssten für die sinnvolle Balance sorgen: "Gesunde Systeme verändern sich regelmäßig."

Michael Wuertenberger, BMW CarIT: "Wir wollen uns bewusst von der Kultur des Großkonzerns abheben, um nicht absorbiert zu werden."
Michael Wuertenberger, BMW CarIT: "Wir wollen uns bewusst von der Kultur des Großkonzerns abheben, um nicht absorbiert zu werden."
Foto: BMW

Wer schnellere Ergebnisse erzielen und interne Reibungsverluste verringern will, trennt Alt und Neu. Die klassische IT verbleibt im Unternehmen, die neuen Technologien werden in eine Art Startup ausgelagert: Beim Händler EdekaEdeka heißt die separate Einheit "Lunar", der Versicherer ErgoErgo hat ein digitales Lab in Berlin eröffnet, ebenso der Stahl- und Metallhändler KlöcknerKlöckner mit seinem "kloeckner.i", die CommerzbankCommerzbank betreibt den "Main Incubator", und bei BMWBMW ist es die "BMW Car IT" mit Entwicklungslabors in Ulm und München. Top-500-Firmenprofil für BMW Top-500-Firmenprofil für Commerzbank Top-500-Firmenprofil für Edeka Top-500-Firmenprofil für Ergo Top-500-Firmenprofil für Klöckner

Dort ist "eine Prise Spinnertum" erwünscht. Michael Würtenberger, einer der Geschäftsführer der BMW Car IT, bringt damit die Arbeitskultur des 220 Mitarbeiter starken Unternehmens auf den Punkt - im besten Sinne der Wortbedeutung: einer verrückt klingenden Idee nachzugehen, sie auszuprobieren und zu schauen, was sich daraus entwickelt.

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