Wirtschaftskriminalität

Die Jäger der Wirtschaftsbosse

05.02.2013
Von Jürgen Berke, Harald Schumacher, Martin Seiwert und Melanie Bergermann

Abgeladen: Ordner vor der Tür

Mit dem Aufbau von fast zwei Dutzend Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften für Wirtschaftskriminalität und Korruption hat die Justiz in den vergangenen Jahrzehnten versucht, die Strafverfolgung zu verbessern und Verfahren zu beschleunigen. Das System sei im Prinzip gut, meinen Insider, aber es fehle an Staatsanwälten mit Betriebswirtschaftskenntnissen, am Willen der Staatsanwälte, sich über Monate in hoch komplexe internationale Geschäfte einzuarbeiten, und an kompetenten Polizisten, die sie unterstützen.

Bei Ermittlungen wegen Gewaltkriminalität legt die Polizei - wie man es aus dem "Tatort" kennt - dem Staatsanwalt meist fertige Ermittlungsberichte auf den Tisch. Bei Wirtschaftsstraftaten sei der Staatsanwalt bei der Recherche dagegen oft auf sich gestellt, sagt einer von ihnen: "Wenn ich eine Razzia bei einem Unternehmen mache und 300 Aktenordner beschlagnahme, stellt die Polizei sie mir vor das Büro und wünscht mir viel Glück." Deshalb verwundert es nicht, dass die meisten Staatsanwälte nicht in den Wirtschaftsbereich wollen.

Abschreckend dürften für Anwälte mit Wirtschaftskenntnissen auch die Gehälter in der Justiz sein. In großen Wirtschaftskanzleien können sie nach einigen Berufsjahren 150.000 Euro und mehr verdienen, im Staatsdienst gerade mal ein Drittel. Wirtschaftsstaatsanwälte, die große Fälle gewinnen wollen, trifft man oft nachts und am Wochenende in der Behörde an - ohne Mehrgehalt versteht sich. Überstunden sehen die Vergütungstabellen nicht vor.

Zur Startseite