Ringen um Milliarden-Staatshilfen

Die Lufthansa ist fast gerettet

21.05.2020
Die Bundesregierung will die Lufthansa mit Milliardenhilfen stützen. Die Arline ist in der Corona-Krise schwer unter Druck geraten. Nach langen Verhandlungen wird bald ein Ergebnis erwartet. Es sind aber Fragen offen.
Der Lufthansa droht das Geld auszugehen. Der Staat will die Airline stützen.
Der Lufthansa droht das Geld auszugehen. Der Staat will die Airline stützen.
Foto: Tupungato - shutterstock.com

Hoffnung für die schwer angeschlagene LufthansaLufthansa: Bei den Verhandlungen mit der Bundesregierung über milliardenschwere Staatshilfen steht eine Entscheidung kurz bevor. Ein Rettungsplan des Bundes sieht Steuergelder von insgesamt neun Milliarden Euro vor, um die Lufthansa durch die schwere Krise zu bringen. Der Bund will sich mit 20 Prozent direkt an der Airline beteiligen. Dies läge unter der wichtigen Sperrminorität, mit der wichtige Entscheidungen blockiert werden könnten. Bundesregierung und Unternehmen machten deutlich, sie erwarteten in Kürze eine Entscheidung. Top-500-Firmenprofil für Lufthansa

Die Verhandlungen dauerten am Donnerstag an. Erwartet wurde, dass die Bundesregierung im Laufe des Tages ein offizielles Angebot an die Lufthansa unterbreitet. Vorstand und Aufsichtsrat des Unternehmens müssten diesem dann noch zustimmen. Offen war dem Vernehmen nach etwa noch, zu welchem Wert der Aktie der Bund einsteigen will.

Zehntausende Arbeitsplätze in Gefahr

Die Bundesregierung und die Lufthansa verhandeln seit Wochen über Staatshilfen für die Airline. Sie war in der Corona-Krise schwer unter Druck geraten. Der FluggesellschaftFluggesellschaft droht das Geld auszugehen. Das Virus mit den folgenden Reisebeschränkungen hatte den globalen Flugverkehr mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gebracht. Im Lufthansa-Konzern mit etwa 138.000 Beschäftigten stehen Zehntausende Arbeitsplätze auf der Kippe. Top-Firmen der Branche Transport

Die Lufthansa bestätigte in der Nacht zum Donnerstag in einer Pflichtmitteilung an die Börse, dass das Management aktuell "fortgeschrittene Gespräche" zur konkreten Ausgestaltung eines Stabilisierungspakets führe. Die Lufthansa setze die Gespräche mit dem Ziel fort, "zeitnah einen Abschluss" zu erreichen, um die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig zu sichern.

Brüssel muss die Hilfen genehmigen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Mittwochabend gesagt, bei den Verhandlungen sei "in Kürze" mit einer Entscheidung zu rechnen. Die Regierung sei in "intensiven Gesprächen" mit dem Unternehmen und der EU-Kommission.

Die Bundesregierung hatte sich nach dpa-Informationen nach langem Ringen am Mittwoch auf einen gemeinsamen Vorschlag für ein Lufthansa-Rettungspaket geeinigt.

Nach Angaben der Lufthansa sieht das noch nicht final vereinbarte Konzept Stabilisierungsmaßnahmen im Umfang von bis zu neun Milliarden Euro vor - davon drei Milliarden als Darlehen über die Staatsbank KfW. Vorgesehen ist demnach eine staatliche Beteiligung an der Lufthansa in Höhe von 20 Prozent, im Zuge einer Kapitalerhöhung und über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes.

Die Politik hatte in der Corona-Krise umfassende Hilfsprogramme beschlossen, um die wirtschaftlichen Folgen abzufedern - darunter einen milliardenschweren Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Dieser sieht auch die vorübergehende Beteiligung des Staates an großen Unternehmen vor.

Wandelschuldverschreibung

Der Bund plant außerdem eine sogenannte Wandelschuldverschreibung im Wert von fünf Prozent plus einer Aktie. Diese kann in Stammaktien und damit Anteile umgewandelt werden. Der Bund hätte dann eine Sperrminorität. Die Regierung will dies aber nur tun, um die Lufthansa im Notfall vor einer feindlichen Übernahme zu schützen.

Außerdem sollen zwei Sitze im Aufsichtsrat in Abstimmung mit der Bundesregierung besetzt werden. Die Regierung will keine Politiker entsenden, sondern wie bei Airbus Wirtschaftsmanager.

Über die Kapitalerhöhungen soll laut Lufthansa eine außerordentliche Hauptversammlung entscheiden. Es seien außerdem Auflagen geplant - etwa ein Verzicht auf künftige Dividendenzahlungen und Beschränkungen der Managementvergütung.

Airline im Corona-Schock

Der Lufthansa-Konzern war wie die gesamte Branche vom Corona-Schock hart getroffen worden und verliert derzeit rund 800 Millionen Euro Barmittel im Monat. Von den angeblich vorhandenen Bar-Reserven von mehr als 4 Milliarden Euro gehören 1,8 Milliarden Euro eigentlich den Kunden, die auf Erstattungen für nicht durchgeführte Flüge warten.

Lufthansa reduzierte den Passagierbetrieb in der Krise auf ein Minimum und flog zwischenzeitlich nur noch knapp ein Prozent der Passagiere im Vergleich zum Vorjahr. Inzwischen läuft der Verkehr langsam wieder an, so dass bis Ende Juni rund 14 Prozent des eigentlich geplanten Verkehrs wieder in der Luft sein sollen.

Die Modalitäten der Staatshilfen für die Lufthansa waren in der schwarz-roten Koalition lange umstritten. Vor allem die Union hatte vor einer "Quasi-Verstaatlichung" der Airline gewarnt. Ein diskutiertes Modell einer Staatsbeteiligung von rund 25 Prozent plus einer Aktie und damit einer Sperrminorität wurde in der Union sehr kritisch gesehen.

Das Lufthansa-Management um Vorstandschef Carsten Spohr hatte wiederholt vor einem zu starken Staatseinfluss auf unternehmerische Entscheidungen und einer zu hohen Verschuldung gewarnt.

Der Wirtschaftsflügel der Unionsfraktion begrüßte den Rettungsplan der Regierung. "Es ist gut, dass Lufthansa gestützt wird, ohne Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen zu nehmen", sagte Fraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) dem "Handelsblatt".

Kritik kam dagegen von der Opposition. Die Grünen-Politiker Katharina Dröge und Sven-Christian Kindler sprachen von einem "sehr schlechten Deal für die Steuerzahler". Die Bundesregierung sozialisiere die Verluste von einem privaten Großkonzern und lasse sich trotzdem bei zentralen Entscheidungen im Unternehmen kaltstellen. Der Linken-Haushälter Victor Perli sagte: "Geld geben, aber Klappe halten - die Bundesregierung zahlt der Lufthansa viel Geld für minimalen Einfluss und das Risiko eines Milliardenverlusts." (dpa/rs)

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