Management

Die Wahrnehmung der Wahrnehmung

19.07.2013
Von Andreas Zeuch

Wenn er jedoch eine Rückenverspannung bekam, war das meist ein Stoppsignal. So kann er den Auftrag nicht annehmen. Damit illustrierte dieser Berater nahezu perfekt, was der Neurologe Antonio Damasio mit seinem Konzept der somatischen Marker meinte. Jegliche körperliche Signale, die wir wahrnehmen, können Markierungen sein, die eine Entscheidungshilfe sind. Das "Bauchgefühl" kommt also nicht von ungefähr. Es kann ein somatischer Marker sein, der uns grünes Licht gibt. Allerdings sind diese somatischen Marker höchst individuell. Achten Sie ab jetzt auf Muster bei Ihren Körperempfindungen. Meldet sich Ihr Körper in bestimmten Situationen auf bestimmte Art und Weise? Welche Körperempfindungen könnten ein bedeutsames Signal sein?

Weniger ist mehr

Gefühle und Stimmungen sind genauso wie Körperempfindungen häufig das Bindeglied zwischen unserer unbewussten Informationsverarbeitung, die über diesen Weg in unser Bewusstsein dringt und damit zur Intuition wird. Gefühle sind konkret, während Stimmungen vage oder vielschichtig bleiben. Ein Gefühl können sie klar mitteilen, Sie können es benennen als Freude, Wut, Angst oder Trauer. Stimmungen können sonderbare Mischungen aus den grundlegenderen Gefühlen sein. Sie sind häufig nicht klar zu fassen. Aber gerade dieses Vage kann ein wertvoller Hinweis sein.

Innere Bilder oder Stimmen sind nichts, weshalb Sie zum Arzt müssen (wie ein ehrwürdiger ehemaliger Bundeskanzler mal sinnverwandt behauptete). Es gilt das Gegenteil: Sie müssten sich Sorgen machen, wenn Sie keine inneren Bilder oder Stimmen wahrnehmen. Diese aus unserem Unbewussten auftauchenden Bilder oder Stimmen sind normal und Teil unseres täglichen Lebens. Und oft bringen Sie uns eine Intuition mit aus den Tiefen unseres Selbst, hinein in unser viel begrenzteres Ich.

Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist August Kekulé. Der deutsche Chemiker war auf der Suche nach der Strukturformel des Benzol. Irgendwann saß er vor seinen Kamin, so die Geschichte, döste ein und sah vor seinem inneren Auge einen Ourobourus, eine Schlange, die sich in den Schwanz beißt und ein Rad bildet. Kekulé wachte auf und bezog dieses Bild auf seine Lösungssuche: Benzol hat eine Ringstruktur. Kekulé wurde zwar schon zuvor vom österreichischen Johann Loschmidt auf die mögliche Ringstruktur aufmerksam gemacht, brauchte aber offensichtlich noch den intuitiv bildlichen Anstoß aus seinem Unbewussten, um diese Möglichkeit ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Im nächsten Schritt prüfte Kekulé diese intuitive Erinnerung und siehe da - sie war richtig.

Die Wahrnehmung achtsam auf das Hier und Jetzt lenken indem Sie möglichst präsent sind, ist die Voraussetzung, um die Sie umgebende Außenwelt und gleichzeitig Ihre Innenwelt präzise wahrzunehmen. Mehr Wahrnehmung dürfte jeden normalen Menschen überfordern. Weniger ist mehr. Je weniger Sie sich selbst durch sinnfreie Tätigkeiten von diesen beiden Wahrnehmungsfoki ablenken, desto mehr werden Sie wahrnehmen. Und umso effektiver wird Ihre Intuition.

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