Virtuelle Rollenspiele schulen Führungsqualitäten

Die Zocker von heute, die CEOs von morgen

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Wer ständig am Computer zockt, läuft womöglich Amok. Sagen so manche Politiker und Wissenschaftler. Oder er schult seine Fähigkeiten als Führungskraft von morgen. Sagt eine Studie von IBM und Lösungs-Anbieter Seriosity. Rollenspiele trainierten just die Eigenschaften, auf die es in der Wirtschaftswelt ankomme, so die These.

Mehr als kühne, aber nicht unplausible Thesen sind die wichtigsten Aussagen der Studie nicht. Einwände gegen ihren wissenschaftlichen Wert sind nicht nur berechtigt, sondern sogar angebracht.

Die Daten-Basis ist eher dünn (Spiel-Analyse über etwa 50 Stunden, 16 Tiefen-Interviews, 171 ausgefüllte Fragebögen von Online-Spielern). Seriosity hat sich darauf spezialisiert, Spiel-Prinzipien im Business zu vermarkten. Und die Stanford-Professoren, die die Forschungen durchführten, stehen zum Teil auf der Gehaltsliste von Seriosity.

Nichtsdestotrotz zeigen die Forscher spannende Analogien zwischen den Anforderungen in virtuellen Spielwelten und in globalen Unternehmen auf. Byron Reeves, Leiter der Studie und Kommunikations-Professor an der Stanford University, fasst die Quintessenz einprägsam zusammen: "Wenn Sie sehen möchten, wie Geschäftsführung in drei bis fünf Jahren aussehen könnte, schauen Sie hin, was in Online-Spielen passiert.“

Damit sind freilich keine stupiden Baller-Programme gemeint, sondern ganz spezifisch so genannte "massively multiplayer online role-playing games“, kurz MMORPGs. Also Online-Rollenspiele, an denen sich sehr viele Spieler beteiligen und in der virtuellen Welt zu Teams verbrüdern, um gemeinsam ihre Ziele zu erreichen. Die Zocker schlüpfen in Avatar-Identitäten, wie zum Beispiel auch in Second Life.

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