Finance IT


Digitalisierungsdruck im Finanzsektor

Digitale Transformation in der Finanzbranche

Michael Möhring ist Wissenschaftlicher Projektleiter an der Hochschule München.
Die Digitalisierung, neue Innovationen sowie der gestiegene Wettbewerbsdruck stoßen notwendige Änderungen der bestehenden IT-Systeme bei Unternehmen der Finanzbranche an.
Die Finanzbranche unterliegt einem besonders hohen Digitalisierungsdruck.
Die Finanzbranche unterliegt einem besonders hohen Digitalisierungsdruck.
Foto: canadastock - shutterstock.com

Für viele Branchen bringt die DigitalisierungDigitalisierung neue Möglichkeiten in Hinblick auf die Verkürzung von Prozessdurchlaufzeiten, Qualitätssteigerungen und Kostenreduzierungen. Dies gilt besonders für die FinanzbrancheFinanzbranche, die durch neue Entwicklung wie Fintechs, Blockchain einem besonders großen Transformationsdruck unterliegt. Die Automatisierung von Aufgaben und insbesondere von Entscheidungen, bspw. im Kundenkontakt, ist ein wichtiges Merkmal der Digitalisierung. Grundlage hierfür sind umfangreiche automatisierte Entscheidungsmechanismen. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de Top-Firmen der Branche Finanzen

Wie sich dies auf die Architektur und das Management von Informationssystemen auswirkt, wurde in einer Studie der Hochschulen München und Reutlingen untersucht. Als Ergebnis konnte die Notwendigkeit identifiziert werden, IT-Architekturen gemäß der gestiegenen Bedeutung von Entscheidungsmechanismen und digitalen Services zu strukturieren, ein methodisches Decision Engineering einzuführen und auch den veränderten Sicherheitsanforderungen Rechnung zu tragen.

Demnach erfordert die Digitalisierung von Produkten und Dienstleistungen deren Abbildung auf der Ebene der IT-Systeme, die selbst wiederum verwaltet werden müssen. Ein Lifecycle Management und Self-Service-Portale zur Konfiguration dieser Services sind damit unumgänglich. Interne und externe Kunden der IT-Abteilung im Finanzsektor können damit vereinfacht Services konfigurieren und überwachen. Dadurch kann auch eine höhere Kundenorientierung der IT-Abteilungen inklusive der Abstimmung mit den Fachabteilungen vorgenommen werden. Services können auch als Whitelabel-Lösung anderen Instituten angeboten werden, wodurch neue Erlösmodelle entstehen.

Höhere Flexibilität und Agilität für Entscheidungen

Die schnelle Weiterentwicklung des Prozess- und Entscheidungswissens im Finanzssektor macht es erforderlich, Entscheidungsmechanismen als eigenständige Sicht in der IT-Architektur zu behandeln. Nur so kann die gegenüber Ablaufstrukturen deutlich höhere Entwicklungsgeschwindigkeit bewältigt werden. Dadurch wird eine höhere Flexibilität und Agilität der Entscheidungsmechanismen erreicht.

Weiterhin können die Komplexität und der Automatisierungsgrad von Entscheidungsmechanismen wie bspw. im Kredit- oder Policenvergabeprozess gesteigert werden. Die größere Vielfalt und Individualität der Entscheidungen reduziert Streuverluste und Fehlentscheidungen und die damit einhergehenden Risiken.

Die Komplexität der Entscheidungsmechanismen und die Notwendigkeit ihrer regelmäßigen Anpassung im Finanzsektor erfordern gemäß der wissenschaftlichen Untersuchung ein neues methodisches Vorgehen. Das sogenannte Decision Engineering betrachtet den gesamten Lebenslauf der Entscheidungsmechanismen von den Anforderungen bis zur Umsetzung, Betrieb und ihrer ständigen Optimierung. Das Decision Engineering erfasst alle entscheidungsrelevanten Services, Datenquellen, Modelle usw. und verwaltet sie in ihrem Lebenszyklus.

Zur Umsetzung der Entscheidungsmechanismen müssen nach Auffassung der Wissenschaftler Daten aus verschiedenen Quellen durch die zugrunde liegende IT-Architektur verarbeitet werden. Dabei fallen nicht nur strukturierte Daten aus dem ERP-Umfeld wie Kundenstamm- und Bewegungsdaten an. Vielmehr werden auch unstrukturierte Daten aus sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter genutzt, um Risiken besser einzuschätzen und Umsatzpotenziale zu heben.

Sicherheitsprobleme bei vielen Datenquellen

Technologien aus dem Big-Data-Umfeld können genutzt werden, um diese Fülle an unterschiedlich strukturierten Daten im Finanzsektor zu analysieren. Damit einhergehend muss auch die Modellierung der bestehenden Daten und Prozesse sowie in Beziehung stehender Meta-Modelle angepasst werden, um eine daten-basierte digitale Transformation zu ermöglichen.

Die Vielzahl externer Quellen stellt nach der Expertenauffassung der Münchener Forscher aber auch ein neues Sicherheitsproblem dar. So ist es denkbar, dass externe Daten, die als Grundlage für Entscheidungen genutzt werden, als neuer Angriffsvektor genutzt werden. Durch dementsprechende Verfälschung ließen sich die Entscheidungen eines Unternehmens in eine bestimmte (ggf. geschäftsschädigende) Richtung lenken.

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