Eingefahrene Strukturen aufbrechen

Digitalisierung braucht einen Wandel der Organisation

Urs M. Krämer arbeitet seit Anfang 2013 bei Sopra Steria Consulting und übernahm im  April 2014 die Rolle des Chief Executive Officers.

Innovationslabore errichten

Wie die Studie zudem aufweist, haben Unternehmen begonnen Innovationslabore zu errichten. Dafür ziehen sie sich komplett aus dem Alltagsgeschäft zurück, um den Kopf für die Entwicklung neuer Ideen frei zu haben. Die Innovationslabore sind interdisziplinär und themenbezogen, die sowohl räumlich als auch arbeitstechnisch von anderen Unternehmensbereichen abgegrenzt bleiben sowie insbesondere für Digital Natives anziehend wirken.

Leuchtturmprojekte allein sind nicht digitale Exzellenz

Viele Unternehmen setzten in den vergangenen Jahren digitale Leuchtturmprojekte um. In diesen Innovationsprojekten, Flagship-Stores und Filialen der Zukunft werden neue Technologien eingesetzt und medienwirksam vermarktet. Digitale Leuchtturmprojekte werden häufig mit digitaler Exzellenz verwechselt. Diese Projekte können zwar die interne und externe Wahrnehmung eines Unternehmens positiv beeinflussen, sie sind jedoch nicht das Ergebnis einer umfassenden Transformation, die in vielen Unternehmen erforderlich ist.

Wer an der digitalen Transformation der Märkte partizipieren will, muss zuerst die eigene Unternehmensorganisation transformieren. Von Spotify wird berichtet, dass dort praktisch alle herkömmlichen Kontrollinstanzen abgeschafft sind und jeder Mitarbeiter nach einem basisdemokratischen Mehrheitsvotum eigene Projekte initiiert. Dadurch ist es beispielsweise Spotify gelungen, die Verwertungsmechanismen in der Musikindustrie umzukrempeln.

Die modernen Angebote passen besser zu den Bedürfnissen der heutigen Kundengeneration als der Verkauf von CDs- und Langspielplatten. Wo der goldene Mittelweg zwischen altem Dirigismus und experimentellen Formen der internen Mitarbeiterkooperation liegt, hängt vom Marktsegment und von der Demografie der jeweiligen Belegschaft ab. Was jedoch für jedes Unternehmen gilt, ist die Bedeutung digitaler Technologien als Katalysator für die Unternehmenstransformation.

CDO zementiert alte Strukturen

Vielfach ist in diesem Kontext auch die Forderung nach einem eigenen Vorstandsressort zu hören - nach einem Chief Digital Officer. Allerdings ist moderne IT nicht in erster Linie dazu da, existierende Prozesse auf technologischer Ebene abzubilden. Stattdessen ist IT als strategisches Instrument zu verstehen, um neue Geschäftsmodelle zu gestalten. Wie die Studie zeigt, erfordert die Arbeit am digitalen Frontend häufig das Zusammenwirken von Expertinnen und Experten verschiedener Disziplinen.

Neben Marketing und Vertrieb sind hier auch Produktentwicklung, IT, Data Scientists und weitere Bereiche beteiligt. Das Wissen und Können der Expertinnen und Experten muss zusammentreffen, damit gemeinsam neue Ideen entwickelt, umgesetzt sowie erprobt werden können. Um eine reibungslose Zusammenarbeit zu ermöglichen, ist der Aufbau interdisziplinärer Teams gefragt. Diese können dann gemeinsam die Verantwortung für einen Teilbereich der digitalen Interaktion übernehmen.

Digitale Tochterunternehmen gründen

Bei Neugründungen wird häufig ein komplett neues Unternehmen aufgebaut. Dabei werden jedoch teilweise IT-Systeme der Muttergesellschaft genutzt, sofern diese flexibel genug gestaltet sind und sich auf ihrer Basis Innovationen schnell realisieren lassen. Häufig lautet das Ziel allerdings auch, durch die Neugründung das Beharrungsvermögen von Strukturen in der Muttergesellschaft zu überwinden. In diesem Fall verzichten Unternehmen beispielsweise bewusst auf eine IT-Integration und setzen die neue Architektur mit State-of-the-Art-Technologien neu auf.

Zahlreiche Unternehmen haben in den vergangenen 10 bis 20 Jahren digitale Tochterunternehmen gegründet, zum Beispiel Direktbanken und -versicherer. Diese konnten bis heute erhebliches Wissen und geeignete Strukturen für eine überwiegend digitale Geschäftstätigkeit aufbauen. Sie sind in vielen Disziplinen der digitalen Exzellenz besser aufgestellt und werden inzwischen gerne von ihren Muttergesellschaften zur Unterstützung der Digitalisierung konsultiert.

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