Personalmanagement

Ein Arbeitszeugnis auf Bestellung

30.07.2018
Von Ferdinand Knauß

"Wir schreiben Zeugnisse, aber beurteilen die Mitarbeiter nicht", stellt Herbert klar. Das tun immer die Vorgesetzte des betreffenden Mitarbeiters, die Personalgespräche führen oder einen Beurteilungsbogen ausfüllen. Darin werden die Tätigkeiten aufgelistet und Fachwissen, Arbeitsweise, Motivation, Verhalten mit Noten oder schriftlich bewertet. "Wir übersetzen diesen Bogen quasi in eine Sprache, die man als Zeugnissprache kennt", sagt Herbert.

Zeugnisse sollten individuell sein

Literarische Meisterwerke müssen Arbeitszeugnisse nicht sein. Auch professionelle Zeugnisschreiber gießen die Bewertungen der Vorgesetzten in die zumindest in Deutschland geläufigen Personaler-Codes und Floskeln -"stets einwandfrei" und "zu unserem großen Bedauern". Die betroffenen Mitarbeiter selbst erwarten das, weil sie wissen, dass Personaler diese Codes erwarten. Aber diese allein genügen nicht.

Im Gegensatz zu genervten Personalreferenten, für die neue Mitarbeiter viel interessanter sind als die ausscheidenden, nimmt sich Herbert, wie sie sagt, genug Zeit für "ein gutes, sprachlich schönes und aussagekräftiges Zeugnis". Wichtig ist für den Empfänger eines Arbeitszeugnisses die Individualität. Denn den Personalern, die täglich Zeugnisse von Bewerbern durchsehen, fällt immer auf, wenn diese nur aus Sprechblasen und vorgestanzten Elementen bestehen. Schließlich haben sie selbst oft solche Zeugnisse fabriziert. Ein Zeugnis wie jedes andere ist immer ein schlechtes.

Die Empörung von Ver.di über die Fremdheit der externen Zeugnis-Autoren sei unbegründet, sagt Herbert. "Wir haben oft direkten Kontakt zu den Mitarbeitern. Die wissen, dass wir externe Berater sind, und sie sehen, dass wir uns große Mühe mit ihrem Zeugnis geben." Aufträge von Unternehmen an externe Zeugnis-Schreiber müssen außerdem vom Betriebsrat abgesegnet werden. Sie habe noch nie erlebt, dass ein betroffener Mitarbeiter grundsätzlich kein Zeugnis von einem externen Dienstleister wolle, sagt Herbert. Im Gegenteil.

Denn schlecht geschriebene, womöglich fehlerhafte Zeugnisse aus der Hand eines gestressten Personalreferenten sind oft Anlass von aufwendigen Rechtsstreitereien zwischen früheren Arbeitnehmern und Unternehmen. Auch in solchen Fällen bieten sich Dienstleister wie Herbert an. "Öfters schon wurden wir von Arbeitsanwälten eingeschaltet, um einen Kompromissvorschlag zu erstellen, wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber über ein Zeugnis nicht einig waren."

Auch die im Frontal-21-Beitrag behauptete unkontrollierte Verwendung von vertraulichen Personalakten, sei zumindest bei ihren Vertragspartnern kein Thema, sagt Herbert. "Einblick in Personalakten haben wir nur vor Ort im Unternehmen". Wer ihre Kunden sind, sagt Herbert ebenso wenig, wie andere externe Zeugnis-Dienstleister, obwohl einige gar nichts dagegen hätten.

(Quelle: Wirtschaftswoche)

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