Strategien


Künstliche Intelligenz

Einsatzszenarien von KI bis 2040

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
2035 werden Menschen über sogenannten Neuro-Staub – intelligente Sensoren direkt im Gehirn – Maschinen steuern. Der Berater KPMG prognostiziert Szenarien für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) für Innovationen in Produkten, Dienstleistungen, Prozessen und Systemen.
  • 2024 kommt die Robotersteuer, sie finanziert Umschulungen von Menschen, die ihren Job an einen Roboter verloren haben
  • Ab 2025 werden auch Algorithmen Audits unterzogen
  • Quanten-Verschränkung von KI-Sicherheit und Kryptographie soll das Hacken von KI-Systemen vermeiden, ab 2038 wird das zum Mainstream

Surrogat-Menschen - künstliche Nachbildungen echter Menschen - könnten ab 2035 Alten und Kranken beistehen. Das ist nur eines von vielen Szenarien, die der Berater KPMG für möglich hält. In der Studie "Wertschöpfung neu gedacht - von Humanoiden, KIs und Kollege Roboter" wirft KPMG einen Blick in die Zukunft. Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit Trendone, einem Hamburger Berater und Zukunftsforscher.

Es gibt viele mögliche Anwendungsfelder von KI-Systemen (Künstliche Intelligenz).
Es gibt viele mögliche Anwendungsfelder von KI-Systemen (Künstliche Intelligenz).
Foto: KPMG

Grundsätzlich unterscheiden die Consultants zwischen schwacher und starker Künstlicher Intelligenz (KI). Stark wird KI dann, wenn sie ein eigenes Bewusstsein entwickelt. Dies ist aktuell noch nicht möglich, KPMG rechnet aber für die Zukunft damit. "Bob" und "Alice" lässt KPMG nicht als starke KI gelten. Es handelt sich um zwei Bots, die Facebook-Forscher ursprünglich auf Englisch trainiert hatten.

Mit der Zeit unterhielten sich Bob und Alice in einer eigenen Sprache. So sagte Bob: "I can can I I everything else", worauf Alice antwortete: "Balls have zero to me to me to me to me to me to me to me to me to." Die Facebook-Forscher haben die Bots abgeschaltet.

Beispiele für KI-Einsätze in der Zukunft

KPMG entwirft Szenarien für den KI-Einsatz auf vier Feldern. KI-Systeme können Innovation in Produkten und Dienstleistungen sowie in Prozessen und Systemen unterstützen. Dazu ein paar Beispiele:

Lifos (seit 2018)

Schon heute entwickeln Spezialisten Bots, die KPMG als eine Art onlinebasierte Lebensform bezeichnet. Lifo steht für Independent online life forms. Wie "echte" Lebenswesen entwickeln sie sich ständig weiter, indem sie Funktionen von Apps übernehmen. Dabei orientieren sie sich an ihren Nutzern.

Exo-Skelette (ab 2025)

Derzeit werden Exo-Skelette noch getestet. Möglicherweise setzen Behinderte die externen Skelette ab 2025 ein, um unabhängig und voll beweglich zu leben. Ein weiterer Use Case: Krankenpfleger vervielfachen durch Exo-Skelette ihre eigene Kraft beim Heben von Patienten.

KPMG systematisiert die aktuellen Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz.
KPMG systematisiert die aktuellen Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz.
Foto: KPMG

Neuro-Staub (ab 2035)

Eine neue Form von Brain-Machine-Interface nennt sich Neuro-Staub. Das sind staubkorngroße intelligente Sensoren, die direkt ins Gehirn implementiert werden. Sie nehmen die Gedanken auf, so dass der Anwender Maschinen und Geräte steuern kann. Auch dann, wenn diese an weit entfernten Plätzen stehen.

Cash Recovery (seit 2018)

Werden Verträge falsch ausgelegt, bleiben Rabatte nicht genutzt oder Qualitätsabweichungen übersehen, verlieren Unternehmen Geld. KI-Systeme können solche Fälle schneller und günstiger aufspüren als menschliche Experten.

Algorithmen in den Audit (ab 2025)

Auch Algorithmen produzieren Fehlentscheidungen. Künftig sollen Algorithm Audits systematische Fehler in den Kalkulationen vermeiden.

Robo-Polizei (ab 2040)

Roboter, die über KI-Systeme verfügen, patrouillieren in Städten, kontrollieren Ausweise und ordnen Demonstrationen. Algorithmen rechnen aus, inwieweit ein Straftäter eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt, und legen Art und Dauer seiner Bestrafung fest.

Robotic Process Automation (seit 2018)

In Teilbereichen übernimmt robotergesteuerte Prozessautomatisierung schon jetzt Arbeiten. Künftig wird es nicht nur um Automatisierung gehen, sondern auch um das Identifizieren von Engpässen in der Wertschöpfung samt Anpassung der System-Parameter. Das könnte klassisches Outsourcing ersetzen.

Brain-Machine-Interface in die Cloud (ab 2035)

Ein Chip, der die Hirnrinde drahtlos mit einem Computer verbindet, verlinkt den Menschen direkt in die Cloud. Ein anderer Use Case ist die Behandlung von neuro-degenerativen Krankheiten.

Telepathie (ab 2040)

Die Vorarbeit zur zwischenmenschlichen Kommunikation über das, was umgangssprachlich Telepathie heißt, gelang schon 2014. Forscher zeichneten über Elektroden die Hirnströme eines Menschen auf, wandelten sie in binären Code um und schickten diesen durch das Internet. Der Empfänger - 8.000 Kilometer entfernt - nahm den Code durch transkranielle Magnetsimulation auf. Er entschlüsselte einzelne Worte, wobei die Fehlerrate bei 15 Prozent lag. Um das Jahr 2040 herum wird diese Technologie einen Quantensprung gemacht haben, erwartet KPMG.

Daten-Seen (ab 2021)

Im Daten-See (Data Lake) liegen alle relevanten Daten eines Unternehmens in ihrer ursprünglichen Form. KI-Systeme können die Informationen für jede Art von Analyse einfach und beliebig verknüpfen. Außerdem fungiert der See als Datenpool für das langfristige Training von KI-Systemen.

Die Forscher von Trendone klassifizieren denkende Einheiten anhand von vier Dimensionen.
Die Forscher von Trendone klassifizieren denkende Einheiten anhand von vier Dimensionen.
Foto: Trendone

Unternehmen zahlen Robotersteuer (ab 2024)

Ersetzen Unternehmen Mitarbeiter durch Roboter, zahlen sie eine Robotersteuer, mit der Umschulungen finanziert werden. Allerdings muss der Begriff "Roboter" erst einmal eindeutig klassifiziert werden.

Quanten-Internet (ab 2038)

Seit 2014 wird mit der Quanten-Verschränkung von KI-Sicherheit und Kryptographie gearbeitet, um das Hacken von KI-Systemen zu vermeiden. Künftig werden Unternehmen neben der traditionellen IT-Sicherheitsarchitektur nach und nach ein Quanten-Internet aufbauen.

Die menschliche Seite

Bei all den Blicken nach vorn lässt KPMG in der Studie auch den Denker Abu Hamid al-Ghazali zu Wort kommen. "Die Menschen widersetzen sich den Dingen, weil sie sie nicht verstehen", erklärte er. Das genaue Datum des Zitats ist nicht überliefert, Hamid al-Ghazali lebte von 1058 bis 1112. KPMG betont, dass Unternehmen Mitarbeitern wie Kunden die Angst vor KI-Systemen nehmen müssen.

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