CIO Auf- und Aussteiger


Nach 12 Jahren

Emirates-CIO Naef kehrt zurück in die Schweiz

Johannes Klostermeier ist freier Journalist aus Berlin. Zu seinen Spezialgebieten zählen unter anderem die Bereiche Public IT, Telekommunikation und Social Media.
Nach zwölf Jahren als CIO bei Emirates, der staatlichen Fluggesellschaft des Emirats Dubai, hat Patrick Naef seine Koffer gepackt und ist mit Frau und Tochter in sein Haus in der Nähe des Flughafens Zürich zurückgekommen. Er hofft auf neue spannende CIO-Aufgaben in der Schweiz oder in Deutschland.
  • Eigentlich wollte er nur drei bis sechs Jahre in Dubai bleiben.
  • Als er 2006 zu Emirates wechselte, herrschte dort „totales Chaos“ in der IT.
  • Seit gut zwei Jahren steckt auch Emirates mitten in der digitalen Transformation.
Patrick Naef ist wieder zurück aus der Wüste - in der Schweiz.
Patrick Naef ist wieder zurück aus der Wüste - in der Schweiz.
Foto: Emirates

Im Februar 2006 wurde Patrick NaefPatrick Naef CIO bei der Fluglinie Emirates in Dubai, eine Stadt und ein Emirat in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Nun ist er zurückgekehrt - nach über zwölf Jahren im Ausland. Naef erreichen wir im Hotelzimmer in Brüssel. Er ist im Verwaltungsrat der SITA, der Société Internationale de Télécommunications Aéronautiques, die gerade eine Sitzung abhalten. "Mein letzter Arbeitstag ist der 30. Juni, wir ziehen Anfang Juli zurück in die Schweiz", sagt er. Profil von Patrick Naef im CIO-Netzwerk

Die Gründe sind vielfältig. Damals, 2006, war seine Tochter gerade drei Jahre alt, jetzt ist sie 16 geworden, und sie soll ihr Abitur in Europa machen - nicht in Dubai.

Bevor er zu Emirates wechselte, war er bei Zürich Versicherung als Head of ISP Projects tätig. Davor arbeitete als CIO beim Verpackungshersteller SIG und war von 1998 bis 2001 CIO bei Swiss Air.

Eigentlich nur für drei bis sechs Jahre

Naef erinnert sich: "Das Jobangebot war sehr attraktiv. Aber wir wollten ursprünglich nur drei bis sechs Jahre bleiben und dann wieder zurückkommen. Ehe man sich's versieht, sind die Jahre vorbei."

Naef ist nun Anfang 50, er will es noch einmal wissen. "Ich fühle mich noch zu jung, um mich schon zur Ruhe zu setzen." Er will noch einmal "die Ärmel hochkrempeln" und "sich die Finger schmutzig machen".

Patrick Naef mit einem Falken.
Patrick Naef mit einem Falken.
Foto: Patrick Naef

Auch seine süddeutsche Frau, geboren in München, aufgewachsen in Schwaben, drängt es zurück nach Europa. Sie will sich mehr um ihren kranken Vater kümmern können, beide möchten ihre Eltern, Geschwister und die alten Freunde öfter sehen. "Nur wenige Freunde interessieren sich auch noch nach zwölf Jahren wirklich dafür, was man macht", sagt Naef.

"In der Frühe die Vögel im Wald hören"

Es ist auch viel Sehnsucht nach Dingen dabei, die es in Dubai so nicht gibt. Naef, der scherzhaft zwischendurch anmerkt, er könne "schon gar nicht mehr richtig Deutsch, nach so vielen Jahren", schwärmt von "ganz banalen Dingen": "Bei offenem Fenster schlafen können, frische Luft, in der Frühe die Vögel im Wald hören, Waldspaziergänge oder Wasser aus dem Wasserhahn trinken."

Dubai habe ja eigentlich fast alles, man müsse auf wenig verzichten, aber, sagt Naef: "Man realisiert immer, wenn man wieder in Europa ist, was man eben in Dubai doch nicht hat." Das kulturelle Angebot sei in Zürich viel größer. Die Naefs freuen sich aufs Theater, auf Konzerte und Ausstellungen im Kunsthaus Zürich. Dubai sei doch sehr künstlich.

Patrick Naef mit Kollegen am Nationalfeiertag: Jährlich am 2. Dezember feiern die Vereinigten Arabischen Emiraten den Zusammenschluss der sieben Emirate im Jahre 1971.
Patrick Naef mit Kollegen am Nationalfeiertag: Jährlich am 2. Dezember feiern die Vereinigten Arabischen Emiraten den Zusammenschluss der sieben Emirate im Jahre 1971.
Foto: Patrick Naef

Bereuen tut Naef allerdings nichts. "Keine Minute, das waren zwölf fantastische Jahre, sowohl professionell für mich als auch als Erfahrung für meine Familie. Davon werden wir alle ein Leben lang zehren."

CIO des Jahres

Als CIO bei Emirates kam Naef 2009 auf den zweiten Platz beim Wettbewerb "CIO des Jahres", 2011 wurde er Gewinner in der Kategorie "Internationale Ausrichtung" beim "CIO der Dekade", Sieger beim "Global Exchange Award", und Vierter in der Kategorie Großunternehmen.

Jede Woche Systemausfälle

Als Naef 2006 zu Emirates kam, gab es in der IT "totales Chaos", erzählt er rückblickend. "Jede Woche gab es Systemausfälle, alle Projekte waren verzögert und zu teuer, es gab eine hohe Fluktuation - man war sich dessen aber gar nicht bewusst."

Die Fluglinie wuchs aber jedes Jahr in zweistelligen Prozentzahlen. Damals gab es 60 Flugzeuge - heute sind es 260 und über 111.000 Mitarbeiter weltweit, es ist die größte internationale Airline. Doch die Anfänge waren bescheiden. "Mir war klar, dass die IT für den Wachstumsschub bereit sein musste", sagt Naef.

Mit Optimieren und ein bisschen Reorganisieren allein sei das nicht zu schaffen gewesen. Das erste Change-Management-Projekt - heute würde man Transformation dazu sagen - begann der neue CIO bereits drei Monate nach Amtsantritt - mit eigenen Ressourcen, also ohne großes, externes Beratungshaus, wie Naef betont.

- Jetzt klopft es an die Tür: Der Zimmerservice will sein Hotelzimmer aufräumen -

Kein Kostensenkungs-Projekt

Naef wollte das Projekt in drei Monaten durchziehen - "von A bis Z". Dann sollte jeder der IT-Mitarbeiter wissen, was sein Auftrag in der Organisation ist und wo das Unternehmen hinwill. Alle Manager sollten sich neu bewerben. "Das Ganze war aber kein Kostensenkungs-Projekt, sondern fand während des Wachstums statt. Zuerst die Strategie, dann die Prozesse, dann die Struktur - das war ungewohnt."

Es sei zunächst vor allem darum gegangen, den Betrieb zu stabilisieren, Prozesse und eine Governance einzuführen. "Jeder der am lautesten schrie, hatte zuvor am meisten bekommen. Alle gingen raus und kauften sich ein System, die IT musste es dann integrieren", so Naef.

Agile Methoden

Nach fünf Jahren gab es die zweite große Veränderung. Damals wollte Naef Agile Methoden einführen und kollaborativer mit dem Business zusammenarbeiten - weg von den hierarchischen Strukturen hin zu Netzwerkorganisationen. Auch das Thema Cloud kam auf. Nur zwei Monate war Zeit, hier gab es mit dem "Institute for Growth and Innovation" aus Seefeld bei München eine kleine Beratungsfirma, die die Prozesse begleitete, die aber nicht an den Inhalten gearbeitet habe.

Es kam eine Matrixorganisation heraus, bei der jede Geschäftseinheit einen Mini-CIO bekommen hat. Eine neue Service-Management-Organisation wurde eingeführt, der Bereich Architektur und Strategie wurde massiv verstärkt und die Einheit Cyber-Security aufgebaut.

Naef: "Was wir jetzt machen ist der dritte Wechsel: Die digitale Transformation. Das Business hat sich bei den ersten beiden Projekten ja nicht verändert." Mit dem Airline-Präsidenten Tim Clark arbeitete Naef an einer Vision, wie das Unternehmen neu aufgestellt werden sollte.

Industrielles Geschäftsmodell ändert sich mit der digitalen Transformation

Das Airline-Geschäft sei ein sehr traditionelles und industrielles Geschäftsmodell, sagt Naef. Mit dem Netzwerkgeschäftsmodell von Airbnb, Uber und anderen habe sich viel geändert.

"Diese Transformation haben wir vor zwei Jahren auch bei uns angestoßen. Wir bauen nun mit künstlicher Intelligenz einen Marktplatz mit reisebezogenen Produkte und Dienstleistungen auf. Wer an Reisen denkt, der soll an Emirates denken. Wir personalisieren das angestammte Geschäft. Wir müssen dazu einen direkten Zugang zum Endkunden aufbauen. Und wir automatisieren mit Technologie unsere internen Prozesse."

Wer wird sein Nachfolger?

Wer Naefs Nachfolger als CIO bei Emirates wird? Naef sagt: "Ich muss ein bisschen aufpassen, was ich jetzt sage. Für die Transformation, die jetzt unterwegs ist, haben wir uns entschieden, jemanden von außen reinzuholen. Ich habe mich damit auch ein Stück weit überflüssig gemacht." Naefs Nachfolger sei intern bereits benannt, aber extern noch nicht bekannt gegeben worden, sagt Naef.

Ob die Art und Weise, wie das aktuelle Transformationsprojekt jetzt umgesetzt wird, die richtige ist? Naef sagt dazu: "Die Zukunft wird es zeigen. Ich will es mal so sagen: Ich hätte es anders gemacht. Das war aber für mich auch ein Grund zu sagen, es wird Zeit, weiter zu gehen. Es geht jetzt auch ohne mich."

Im Moment ist noch nicht entschieden, was Naef als nächstes tun wird. Was aber ziemlich sicher ist: Naef wird bald zum Aufsichtsrat eines renommierten Schweizer Industriekonzerns gewählt. "Ich kann mir auch gut vorstellen, etwas in Deutschland anzunehmen", sagt Naef. Auch für Unternehmensberatung und das Coaching von Startups, für Innovationen, neue Technologien und Geschäftsmodele, interessiert er sich.

Mehr Zeit mit der Familie

In den Sommermonaten - nach dem Umzug - will Naef erst einmal etwas mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. "Sie hatten in den letzten zwölf Jahren wirklich nicht sehr viel von mir. Aber…, vielleicht sind sie dann auch froh, wenn ich wieder arbeiten gehe", sagt Naef.

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