Management

Erfolg kann der Anfang vom Ende sein

22.05.2013
Von Andreas Zeuch

Die Produzenten und Abnehmer von Segelschiffen lachten nur müde über die neue, unausgegorene Technologie. Außerdem war die Ozeanschifffahrt der weitaus größere Markt. Diese Kombination sorgte dafür, dass kein einziger Hersteller von Segelschiffen den Technologiesprung zur Dampfschifffahrt vollzog. "Mit der Thomas W. Lawson war nicht nur ein Schiff, sondern eine ganze Branche untergegangen." (Christensen, 2012)

Diese Geschichte ist kein Einzelfall. Weitere Beispiele belegen dieses Problem, wie der Untergang der Eisernter, durch die Eisfabriken, die ihrerseits von den Herstellern von Kühlschränken abgelöst wurden. In allen Fällen ging die jeweils neue Technologie nicht aus den bestehenden Herstellern und Marktführern hervor.

Die Gefahr der Blindheit für Neues

Wie im Großen, so im Kleinen. Sprich: Die Logik des Misserfolgs durch Erfolg zeigt sich nicht nur in ganzen Industrien und Branchen, sondern auch bei jedem Einzelnen von uns. Wir laufen Gefahr, frühere Erfolge zum Maßstab neuen Handelns zu machen und werden so blind für Neues. Unsere Expertise ist damit ein zweischneidiges Schwert. Sie ermöglicht uns einerseits schnelle, intuitive Entscheidungen, die häufig auf elegante Weise neue Erfolge ermöglichen. Andererseits wird der Erfolg von Gestern zu einem nur schwer auflösbaren Gravitationsfeld, das die Zukunft in Ihren Bann zieht.

Die Lösung liegt in dem, was ich in diesem Zusammenhang Anfängergeist nenne. Wir müssen lernen, der Verführung alter Erfolge zu widerstehen, die uns unachtsam und unreflektiert jedes Mal aufs Neue das Bisherige wiederholen lassen.

Das Prinzip ist simpel. Die Umsetzung erfordert jedoch tägliche Achtsamkeit: Da Expertise wertvoll sein kann, gilt es, unseren Erfahrungsschatz bei zukünftigen Entscheidungen miteinzubeziehen. Aber dies darf nicht zu einem blinden Automatismus werden. Statt zum optionslosen Roboter zu werden, müssen wir lernen, die Aufgaben, vor denen wir stehen, die Probleme, die wir lösen wollen, durch die Augen eines Anfängers zu betrachten. Das ist naturgemäß schwierig. Denn wir können zwar die bewussten Expertenanteile zur Seite stellen, aber nicht die ins Unbewusste abgesackte Expertise. Die ermöglicht uns ja gerade die erwähnten schnellen und eleganten intuitiven Entscheidungen.

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