Kooperation mit Freelancern

Erster Code of Conduct für Crowdworker

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Die Zusammenarbeit mit freien IT-Experten will erstmals ein Code of Conduct verbindlich regeln. Das Startup Testbirds, die Universität St. Gallen und die IG Metall reden mit.
  • In absehbarer Zukunft wird es im deutschsprachigen Raum einige Hunderttausend Crowdworker geben, schätzt die Universität St. Gallen
  • Punkte wie Mindestlohn und Heimarbeitsgesetz müssen geklärt werden
  • Ein erster Code of Conduct will Honorare, aber auch Fragen der intrinsischen Motivation von Crowdworkern regeln
  • Die IG Metall hat im Mai mit faircrowdwork.org eine Kommunikations- und Bewertungsplattform geschaffen

Sie tragen Wollmützen auf dem bärtigen Schädel, sind trotz hoher Dosen Redbull immer entspannt und sitzen gerade in einem Berliner Café über ihrem neuen Projekt. Ein cooles Leben haben sie, die jungen selbständigen IT-ler (manche machen auch was mit Medien). Ein Klischee, dem beispielsweise die IG Metall widerspricht. Crowdworker oder Clickworker arbeiten häufig unter "äußerst unfairen Bedingungen", so die Kritik der Gewerkschaft. Grund genug für das Münchener Unternehmen Testbirds, eine Diskussion zu starten. Deren Ergebnis ist der erste "Code of Conduct", der Grundsätze für bezahltes Crowdsourcing/Crowdworking festlegt.

Schließlich arbeitet Testbirds selbst mit Crowdworkern. Geschäftsmodell des jungen Unternehmens ist nach eigener Darstellung eine Plattform, auf der Unternehmen ihre Apps und Websites schnell und realitätsnah von Endkunden und Experten testen lassen können. Der Code of Conduct ist ein Gemeinschaftswerk von Philipp Benkler aus der Testbirds-Geschäftsführung sowie Christian Rozsenich, Geschäftsführer von Clickworker, und Dorothea UTZT, Geschäftsführerin Streetspotr. Der Deutsche Crowdsourcing Verband unterstützt das Papier.

Insgesamt zehn Grundsätze haben die Unterzeichner festgelegt. Darin finden sich Begriffe wie Seriosität und Bezahlung, Aufgabendefinition und Zeitplanung, Kommunikation und Datenschutz.

"Das ist die erste Version und diese ist bewusst offen formuliert", erklärt Benkler im Gespräch mit uns. Ginge es nach dem 28-Jährigen, könnte binnen weniger Monate schon der "Code of Conduct 2.0" entstehen, in den Erfahrungen von Crowdworkern und Unternehmen ebenso einfließen wie die der Gewerkschaften. Schließlich hat die IG Metall erst im Mai eine eigene Plattform live geschaltet: faircrowdwork.org. "Auf der Plattform finden alle Clickworker Beratung und Hilfe, können sich in einer Community über die Bezahlung austauschen und vor unseriösen Auftraggebern warnen", erklärt ein Sprecher.

Eine gute Idee, findet jedenfalls Testbirds-Chef Benkler. Schließlich setzt ein solches Portal am Punkt 4 seines Code of Conduct an: Motivierende Arbeit. Die Unterzeichner "werden stets ihr Bestes geben, den Erwartungen der Crowdworker hinsichtlich einer motivierenden und erfüllenden Arbeit nachzukommen". Denn intrinsische Motive sind solchenFreelancernFreelancern mindestens so wichtig wie der schnöde Mammon, weiß Benkler. Alles zu Freiberufler auf CIO.de

Testbirds startet daher regelmäßig Umfragen unter seinen mehr als 100.000 registrierten Testern. Das ist aber nur ein Teil, wie Benkler betont. "Den Crowdworkern ist ihre weitere Qualifikation wichtig, daher haben wir eine eigene Bird School eingerichtet", sagt er. "Wir kooperieren auch mit den Universitäten in Siegen und St. Gallen." Auch Gamification-Elemente sollen die freien Tester bei der Stange halten.

Wenn es ums Geld geht - Punkt 3 des Codes of conduct verspricht den Clickworkern "faires und angemessenes Honorar - wirft Benkler zunächst einen nicht-monetären Wert in die Waagschale: Vertrauen. "Wir kalkulieren auf Basis von Erfahrungswerten und Feedback aus der Crowd", erläutert er. Und sagt offen: "Veranschlagen wir für einen Auftrag eine bis zwei Stunden, der Tester ist aber nach dreißig Minuten fertig, wird er uns das kaum sagen.

Braucht er aber drei Stunden, wird er sich schon melden." Grundsätzlich solle bei Testbirds niemand weniger als zehn Euro pro Stunde erhalten, und das wurde schon vor dem Mindestlohn beschlossen. Zudem zahlen die Münchner ihren Testern Boni: je mehr Bugs gefunden werden, umso mehr Geld gibt es. Im konkreten Fall hängt die Bezahlung immer von Faktoren wie dem Schwierigkeitsgrad der Aufgabe und der verlangten Qualifikation ab, so Benkler.

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