Zuckerberg geht in die Offensive

Facebook baut am Algorithmus für die Liebe

06.05.2018
Nach einer wochenlangen Entschuldigungs-Tour im aktuellen Datenskandal geht Facebook-Chef Mark Zuckerberg in die Offensive über. Facebook habe seine Lektion gelernt, jetzt müsse weitergebaut werden - unter anderem mit einer Flirt-Funktion.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg
Facebook-Chef Mark Zuckerberg
Foto: IDGNS

Was macht man als weltgrößtes Online-Netzwerk, wenn alle Welt einem vorwirft, zu viele Daten zu sammeln und zu mächtig zu sein? Facebooks Antwort: Man rückt noch tiefer in den sensibelsten Bereich menschlicher Beziehungen vor - und sammelt nebenbei noch mehr Daten. Der Einstieg der Firma ins Geschäft mit der Partnersuche ist mehr als nur eine neue Funktion. Gründer und Chef Mark Zuckerberg setzt damit auch ein symbolisches Zeichen: FacebookFacebook mag nach dem Datenskandal einiges geändert haben, aber es wird nicht stehenbleiben. Die Mission, die Welt zu vernetzen, kann nicht warten. Alles zu Facebook auf CIO.de

In den vergangenen Wochen und Monaten gab es von Zuckerberg eher demütige Töne zu hören. Erst räumte er ein, dass Facebook nicht schnell genug die aus Russland geführte Propaganda-Kampagne im Zuge der US-Präsidentenwahl erkannt habe. Und im März wurde Facebook auch noch aus heiterem Himmel vom Jahre alten Datenskandal um den Abfluss von Nutzerdaten an die Firma Cambridge Analytica eingeholt.

Das Online-Netzwerk mit mehr als zwei Milliarden Nutzern schien in eine existenzielle Krise geschlittert zu sein. Aufrufe, Facebook zu verlassen, machten online die Runde. Zuckerberg entschuldigte sich und überstand weitgehend glimpflich eine zehnstündige Fragerunde im US-Kongress. Der Newsfeed wurde auf Kosten von Medieninhalten stärker auf Beiträge von Freunden und Familie ausgerichtet, der Zugang von Software-Entwicklern zu Nutzerdaten wurde eingeschränkt, die Nutzer bekommen neue Datenschutz-Werkzeuge. Es war nicht das erste Mal, dass Facebook sich für Fehler und Datenschutz-Fehltritte entschuldigen musste. Aber noch nie sagte Zuckerberg einen so weitreichenden Wandel zu.

Zuckerberg: "Die Welt näher zusammenzubringen."

Doch jetzt, auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz F8, blies er wieder zur Offensive. "Wenn Sie wie ich glauben, dass es wichtig ist, Menschen eine Stimme zu geben, dass es wichtig ist, Beziehungen und das Gemeinschaftsgefühl aufzubauen, dass es wichtig ist, hart daran zu arbeiten, die Welt näher zusammenzubringen, dann sage ich: Wir werden weiterbauen", verkündete der 33-Jährige kämpferisch und erntete bei Mitarbeitern und Partnern im Saal lauten Jubel. "Wir müssen diese Idee am Leben erhalten." Die Welt werde sich nicht von alleine in diese Richtung bewegen.

Facebook sei dazu da, jedem auf der Welt die Möglichkeit zu geben, alles was man will jederzeit und überall mit anderen zu teilen, betonte Zuckerberg. Die Botschaft nach den vergangenen turbulenten Wochen: Die jüngsten Änderungen sollen dafür sorgen, dass alle dabei sicher seien, jetzt muss es wieder nach vorne gehen.

Zum Beispiel mit der Partnersuche. Details dazu blieben noch dünn, aber die Gedankenspiele, die man anstellen kann, sind faszinierend. Facebook weiß so viel über seine Nutzer: Was ihnen gefällt, wofür sie sich interessieren, wo sie sind, wen sie kennen. Und das sind Erkenntnisse aus tatsächlichen Verhaltensdaten, nicht aus eventuell geschönten Profilen. Traut sich Facebook etwa zu, auf dieser Basis einen Algorithmus für die Liebe zu generieren? Und wie weit würde das Online-Netzwerk dabei gehen, die dabei neu gewonnenen intimen Daten für Anzeigen-Kategorien einzusetzen, anonymisiert natürlich?

Alle miteinander vernetzen

Der wichtigste Teil von Facebook seien die Beziehungen, die man aufbaue, und das, was man gemeinsam machen könne, sagte Zuckerberg. Mitunter schien es, als wolle er unbedingt den Vorwurf widerlegen, das eigentliche Produkt von Facebook sei der Zugang zu den Nutzern, den das Online-Netzwerk an Werbekunden verkaufe. Die F8 zeigt: Der Facebook-Gründer wird immer noch von dem Drang angetrieben, alle miteinander zu vernetzen. Die Werbung erscheint in diesem Szenario nur als ein Mittel zum Zweck, weil man sonst keinen kostenlosen Dienst für Milliarden Menschen auf die Beine stellen könne.

Ob es Zuckerberg und seinem Team nach dem jüngsten Skandal nun zielsicherer gelingt, die Balance zwischen Privatsphäre und Datengeschäft zu finden? Das Verhalten der Facebook-Mitglieder macht jedenfalls deutlich, dass das Online-Netzwerk eine neue Chance eingeräumt bekommt: Die Nutzerzahlen wuchsen auch in der Datenschutz-Krise um Cambridge Analytica. (dpa/rs)

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