Leistungsstarke IT-Experten arbeiten ungern unter enger Kontrolle

Führung an der langen Leine

01.07.2008
Von Nicolas Zeitler und Mary Brandel

Wer Einfällen aus der Belegschaft offen gegenüber stehe, der könne auch selbst eine Menge lernen, gibt Nixon zu bedenken. In technischen Fragen auf demselben Stand zu bleiben wie die Fachleute, könne einer Führungskraft ohnehin kaum gelingen. Aber immerhin könne man viel vom Fachwissen der Experten mitbekommen, wenn man sie nur anhöre. Allerdings gelte es hier, das richtige Maß zu finden. Ganz auf seine Verantwortung und Entscheidungskompetenz verzichten dürfe ein Manager niemals, mahnt Glen.

Nicht den Allwissenden mimen

Einen großen Fehler macht ein Vorgesetzter nach Ansicht von Paul Glen, wenn er über Dinge entscheidet, von denen er keine Ahnung hat. So selten komme das gar nicht vor. Vor allem, wenn Chefs merkten, dass ein Angestellter viel mehr über ein bestimmtes Thema wisse als sie selbst, fühlten sich viele unsicher und meinten, schnell einen Beschluss fassen zu müssen.

Glen fordert Führungskräfte auf, ihre Rolle richtig zu verstehen. Man müsse nicht selbst derjenige mit den besten Ideen sein, sondern viel eher der, der entscheidet, welche Ideen die besten sind. Und wenn ein Vorgesetzter erkannt hat, dass ein Team-Mitglied besonders gute Einfälle auf einem Gebiet hat, kann es manchmal ratsam sein, sich selbst im Hintergrund zu halten und den Mitarbeiter gewähren zu lassen. Das schlägt Tim Robbins vor, der eine Gruppe von Entwicklern bei einem Finanzdienstleister leitet. "Wenn jemand über ein Spezialgebiet mehr weiß als ich, mache ich allenfalls Vorschläge aufgrund meiner Erfahrung, ansonsten erwarte ich, dass er in diesem Fall die Richtung vorgibt", sagt Robbins.

Die Mitarbeiter fordern

Banale Alltagsarbeit ist für hochintelligente Mitarbeiter ein Graus. Sie bevorzugen Herausforderungen, auch wenn sich dabei nicht immer ein Erfolg einstellt. "Viele verfolgen am liebsten neue Dinge und erachten sie für wichtiger als die Arbeit, die man dem Kunden in Rechnung stellen kann", sagt Reagan. Am Moffitt-Forschungszentrum wurde deshalb das Ausprobieren neuer Ideen institutionalisiert. Die IT-Experten können sich freiwillig einem speziellen Ideen-Team anschließen, das sich alle zwei Monate trifft. Das soll sicherstellen, dass die normale Arbeit nicht liegen bleibt, zugleich aber auch Neuerungen nicht unterdrückt werden.

IT-Chef Martinez beobachtet, dass diese Einrichtung die Kreativität seiner Mitarbeiter am Leben hält - gerade in Phasen, in denen die alltägliche Arbeit wenig Neues bringt. Außerdem sei es gut für die Moral der Truppe, wenn immer wieder einzelne Ansätze des Ideen-Teams in die gewöhnlichen Arbeitsabläufe übernommen würden.

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