Steuerverschwendung

Geld verbrennen mit IT-Projekten

07.10.2002
Von Marita Vogel
Im IT-Bereich verschwendet die öffentliche Hand Millionen. Das zeigen die Jahresberichte der Rechnungshöfe von Bund und Ländern. Die Gründe: Kompetenzmangel und fehlende Kontrollinstanzen.

Behörden und eine effiziente IT: Das passt nicht zusammen. Diese Einschätzung bestätigen immer aufs Neue die Jahresberichte der Rechnungshöfe von Bund und Ländern, die die IT-Projekte der öffentlichen Hand aufmerksam unter die Lupe nehmen. In seiner Aufstellung, die Ende des Monats erscheint, wird der Bundesrechnungshof wieder eine Reihe von Verschwendungsbeispielen aufgedecken.

Die Fehler, die in den Verwaltungen gemacht werden, würden CIOs in der freien Wirtschaft den Job kosten. Bekannte Beispiele sind das polizeiliche Informationssystem Inpol, das in zehn Jahren Entwicklungszeit rund 25 Millionen Euro verschlungen hat. Auf eine ähnliche Summe kommt nach 14-jähriger Projektlaufzeit die "Integrierte Sachbearbeitung" der Versorgungsanstalt des Bundes. Und das seit 1992 bundesweit betriebene Besteuerungsverfahren Fiscus schlägt bislang sogar mit rund 170 Millionen Euro zu Buche, ohne dass auch nur ein Produkt liefe. Unzählige kleinere ProjekteProjekte zeigen, dass noch mehr Steuergelder in den Sand gesetzt werden. Alles zu Projekte auf CIO.de

Seit 1996 versucht die Bundesfinanzdirektion München, ein neues Bezügeabrechnungsverfahren zu installieren. In die engere Wahl kamen das in Baden-Württemberg entwickelte kostenlose Verfahren Daisy, Kidicap aus dem kirchlichen Bereich und SAPSAP HR. Nachdem einige Teilprojekte 1998 abgeschlossen waren, wurde der Projektleitung ein Berater zur Seite gestellt. Dieser war auch als Consultant für SAP tätig - und empfahl, ohne die Alternativen zu prüfen, SAP HR. Dadurch entstünden Mehrkosten gegenüber Daisy in Höhe von rund 6,4 Millionen Euro, bemängelt der Oberste Rechnungshof Bayern. Trotzdem will das Finanzministerium an SAP festhalten; eine endgültige Entscheidung steht aber noch aus. Alles zu SAP auf CIO.de

Goldene Zeiten für IT-Anbieter herrschten 2000 in Hamburg: Das Landesamt für Informationstechnik vergab Aufträge, deren Einhaltung nicht kontrolliert wurde. So rechnete ein Schulungsanbieter in Einzelfällen bis zu 28 Stunden pro Tag ab - und niemand wurde auch nur stutzig. In einem anderen Fall vergab der zuständige Mitarbeiter Aufträge an ein Unternehmen, um dann anschließend etliche Schulungen selbst durchzuführen. Bei einem Datenbankprojekt wurde erst zwei Jahre nach Fertigstellung bemerkt, dass der Auftragnehmer nicht die vertraglich geregelte Datenbank, sondern eine andere Version geliefert und den Programm-Code vertragswidrig nicht bereitgestellt hatte. Ein in einem Systemschrank eingebautes Gerät war am Tag der Inbetriebnahme nicht mehr vorhanden, wurde erst zwei Jahre später wiedergefunden.

Auch in Berlin läuft einiges schief: "Durch Fehlverhalten von Verwaltungen des Landes Berlin entstehen bei IT-Großprojekten immer wieder Schwierigkeiten", kritisierte der dortige Rechnungshof seit 1997 mindestens fünf gescheiterte Projekte. In einem Fall wurde die Qualitäts-sicherung an das mit der Projektdurchführung beauftragte Konsortium vergeben. So konnte sich der Entwickler selbst bescheinigen, dass alles ordnungsgemäß vorangeht.

Der Präsident des Bundesrechnungshofs fordert nun, an den entsprechenden Stellen IT-Verantwortliche einzusetzen (siehe Interview): "Erfolgreiche IT-Projektarbeit ist kein Nebenjob", sagt Dieter Engels.

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