Regeln für Roboterautos

Gesetze für autonomes Fahren fehlen

10.11.2014
Autohersteller tüfteln genau wie der Internetkonzern Google an Lösungen für autonomes Fahren. In Kalifornien und anderen US-Staaten wurden die Regelungen jüngst bereits gelockert. Nehmen die USA dadurch eine Führungsrolle ein?

Einsteigen und das Auto einfach mal machen lassen. Zukunftsmusik? Schon 2013 ließ der Autohersteller Daimler einen Wagen wie fast ohne Zutun eines Fahrers über die historische Strecke auf den Spuren von Bertha Benz von Mannheim nach Pforzheim rollen. Bis Ende der Dekade rechnen die Firmen mit hochautomatisierten Autos. Grenzen setzen heute vor allem noch fehlende Gesetze - und das diesseits und jenseits des Atlantiks.

Rein rechtlich gesehen wären Autopiloten in den USA überall möglich. "Jedenfalls mit Blick auf das Straßenverkehrsrecht", sagt Eric Hilgendorf, Juraprofessor an der Uni Würzburg und Leiter der Forschungsstelle "Robotrecht". Doch Haftungsfragen sind noch ungeklärt. Zu empfehlen ist das deshalb nicht. "Dort geht es im Vergleich zur EU bei der Produkthaftung viel ruppiger zu."

Die US-Verkehrsbehörde NHTSA hat im vergangenen Jahr Leitlinien für das Testen von Roboterautos verabschiedet. Die wird in den Bundesstaaten unterschiedlich umgesetzt. In Kalifornien und Nevada müssen Hersteller zum Testen des autonomen Fahrens eine spezielle Lizenz beantragen. Weitere Bedingungen sind, dass das Fahrzeug mit einem Datenerfassungssystem ausgestattet ist, dass der Modus "automatisiertes Fahren" leicht an- und abschaltbar ist und dass ein Testfahrer auf dem Fahrersitz das System aufmerksam überwacht, erläutert eine Sprecherin des Autozulieferers Continental.

In Michigan und Florida sei das Testen vergleichsweise unkompliziert möglich: "In Michigan ist ein Herstellerkennzeichen erforderlich, das die meisten Zulieferer und alle Hersteller besitzen", sagt die Sprecherin. In Florida ist die einzige Voraussetzung, dass der Testfahrer eine gültige Fahrerlaubnis besitzt. Der Bundesstaat hat einen ganzen Highway zur Teststrecke für automatisiertes Fahren erklärt. "Ein Unternehmen wie Continental kann den Highway außerhalb der Rush Hour von 10 bis 16 Uhr reservieren."

In Deutschland sind die Regeln überschaubarer, wenn auch etwas komplizierter. "Jedes Fahrzeug muss beim Regierungspräsidium extra angemeldet werden", sagt Gritt Ahrens, die bei dem Autohersteller Daimler für Rechtsfragen rund um das Automatisierte Fahren zuständig ist.

Der TÜV verbindet dann eine Testlizenz mit verschiedenen Auflagen, beispielsweise dass immer ein Fahrer und Beifahrer im Fahrzeug sitzen müssen, wie es bei Conti heißt. Die Fahrer sind entsprechend geschult: "Mitarbeiter, die das Fahrzeug im beruflichen Alltag bewegen, haben ein zusätzliches Fahrsicherheitstraining absolviert und beherrschen somit etwaige kritische Fahrsituationen", sagt Michael Fausten, Projektleiter für das automatisierte Fahren bei Bosch.

Während in den USA vor allem Haftungsfragen geklärt werden müssen, steht in Deutschland der Verbreitung von Roboterautos vor allem das Verkehrsrecht im Weg. Die Bundesrepublik hat wie die meisten Länder auf der Welt - außer den USA - das Wiener Abkommen unterschrieben. Dieses sieht bislang vor, das der Fahrer quasi immer die Hände am Lenkrad hat. Im März wurde zwar eine Änderung des Wiener Übereinkommens beschlossen, dies muss aber noch umgesetzt werden.

Daimler-Rechtsexpertin Ahrens sagt: "In Europa wird ein Rechtsrahmen bis Ende der Dekade angepeilt." Jura-Professor Hilgendorf ist optimistischer: "Ich rechne in zwei Jahren mit einem Ergebnis." Probleme mit der Haftung sieht er nicht. Das Haftungsrecht der Straßenverkehrsordnung reiche aus, um auch Fahrzeuge mit autonomen Funktionen zu erfassen. Das gelte gerade für die verschuldensunabhängige Halterhaftung.

Bleibt die Frage, was mit den Informationen passiert, die die Autos mit ihren intelligenten Systemen sammeln. "Im DatenschutzDatenschutz legt Europa wesentlich strengere Maßstäbe an als die USA", sagt Hilgendorf. Er sieht die EU in dieser Frage deutlich weiter. Alles zu Datenschutz auf CIO.de

Eine auf beiden Seiten noch ungelöste Frage sei die nach der Haftung der Provider, sagt Hilgendorf. "So wie heute Straftäter Steine von Autobahnbrücken werfen, könnten in Zukunft Hacker versuchen, den Straßenverkehr durch Schadsoftware zu stören, indem sie zum Beispiel fremde Fahrzeuge übernehmen und in den Straßengraben fahren. (dpa/rs)

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